Donnerstag, 5. Februar 2015

Zuschauermanipulation – Programmbeschwerde gegen ZDF Maybrit Illner „Aufstand in Athen“

Quelle: Screenshot Maybrit Illner ZDFDie Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien hat erneut formal Beschwerde gegen das ZDF wegen Irreführung des Publikums eingereicht. Hintergrund ist die Verfälschung eines Zitats des griechischen Finanzministers in der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner am 29. Januar 2015. Dabei wurde das Zitat so aus dem Kontext gerissen, dass genau das Gegenteil der Redeabsicht des Ministers dem ZDF-Publikum suggeriert wurde.

Quelle: Screenshot Maybrit Illner ZDF
Konkret richtet sich die Programmbeschwerde der Ständigen Publikumskonferenz auf die in der Sendung ab Minute 34:50 erfolgte “Verfälschung der Redeabsicht des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis, sowie gegen die Verwendung des entsprechenden Zitats, ohne den für das allgemeine Verständnis notwendigen Kontext, auf der Internetseite von heute.de”.
Die Ständige Publikumskonferenz legt in ihrer Programmbeschwerde dar, wie die ZDF-Redaktion den Zuschauern und Gästen der Sendung ein Zitat des griechischen Finanzministers in manipulativer Weise präsentiert:
O-Ton ZDF-Redaktion: 
“Und natürlich bauen die Griechen auf den Heimvorteil beim heutigen Milliardensirtaki – Der neue griechische Finanzminister weiß, wer hier aus dem Tritt kommt und nachgibt.”
Danach präsentieren das ZDF ein Zitat des griechischen Finanzministers, entnommen aus einem Interview mit der französischen Tageszeitung La Tribune:
“Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden Sie immer zahlen.”
Die Ständige Publikumskonferenz argumentiert nun, dass die Redeabsicht des griechischen Finanzministers bewusst in einen verfälschenden Kontext gesetzt wurde,  damit dessen Aussage von Gästen und Zuschauern als “unverschämt” wahrgenommen werde. Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, und Gast in der Talkshow, kritisierte auch direkt im Anschluss an das Zitat die Aussage des griechischen Finanzministers als „empörend und abwegig“.
Tatsächlich kann die Publikumskonferenz jedoch nachweisen, dass Varoufakis im Interview mit La Tribune genau die entgegengesetzte Aussage getroffen hat:
“Was auch immer Deutschland  sagt oder macht, schlussendlich zahlen sie. Und seit 2010 habe ich deutlich gemacht, dass wir die Griechen, dass wir nicht das moralische Recht haben, dieses Geld der deutschen Steuerzahler zu akzeptieren, um unsere Gläubiger zu bezahlen. Denn in Wirklichkeit verschwindet dieses Geld in schwarzen Löchern […].” [Übersetzung RT Deutsch]
Hier der Auszug aus dem Original-Interview:
Quelle: Screenshot La Tribune
Quelle: Screenshot La Tribune

Die Publikumskonferenz kritisiert ebenso, dass auch auf der ZDF-Internetseite “heute. de” das Zitat ohne den für das Verständnis notwendigen Kontext präsentiert wird:
“Die Aussage des neuen griechischen Finanzministers, Deutschland werde am Ende sowieso zahlen, nannte Günther Oettinger (CDU), EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in der ZDF-Sendung Maybrit Illner “abwegig”. Der Finanzminister Yanis Varoufakis hatte gesagt: “Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen.” Tsipras seinerseits hatte angekündigt, er werde Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) “zwingen”, die griechischen Vorschläge zu akzeptieren”.
Im weiteren Verlauf der Programmbeschwerde eruiert die Publikumskonferenz die zwei Möglichkeiten, die zur Verfälschung des Zitates von Varoufakis führten, die, so die Publikumskonferenz, „selbst einen hochrangigen EU-Politiker zu einem peinlichen Fehlschluss verleitete“:
Entweder wusste, so die weitere Argumentation, die Redaktion um die Originalbotschaft des griechischen Politikers und täuschte vorsätzlich sowohl die Podiumsgäste als auch das Publikum im Studio, oder die “die Redaktion – und damit auch Frau Illner – hatten keine Ahnung vom vollständigen Wortlaut des Interviews mit La Tribune und der damit verbundenen sehr konkreten Aussage Varoufakis zu Gunsten der Deutschen”.
Beide Möglichkeiten stellen, so dass Resümee der Programmbeschwerde “zumindest einen unprofessionellen Umgang mit wichtigen Informationen dar, welcher nicht ohne Folgen bleiben sollte”.
Abschließend betont die Publikumskonferenz:
“Wir sehen im Weglassen wichtiger Informationen einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht und eine Täuschung des Publikums, sowie in der wiederholt einseitigen und tendenziösen Berichterstattung zu Ungunsten unseres europäischen Partnerlandes Griechenland, grobe Verstöße gegen die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit.
Der explizite Auftrag, die freie, individuelle und öffentliche Meinungsbildung des Publikums zu fördern, wird mit dieser Art Informationspolitik deutlich verfehlt.”
Die im Februar 2014 gegründete Vereinigung hat sich zur Aufgabe gemacht, eine unabhängige und demokratische Kontrollinstanz für die öffentlich-rechtlichen Medien in der Bundesrepublik zu etablieren. Seit Februar 2014 hat sie bereits über 40 formale Programmbeschwerden  gegen ARD und ZDF eingereicht.

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