Freitag, 20. Juli 2012

Live Bericht aus Syrien - Andrea Ricci für das Compact Magazin

Der folgende Bericht von COMPACT-Korrespondent Andrea Ricci wurde heute früh telefonisch durchgegeben. Obwohl sich die Lage beruhigt hat (s.u.), haben wir ihn zu seiner eigenen Sicherheit dringend gebeten, das Hotel vorerst nicht zu verlassen. Dort gibt es leider keine Internetverbindung.

Andrea Ricci: Der 6. Tag in Damaskus

Nachdem die Terroristen gestern bisweilen bis ins Zentrum und sogar in die Nähe meines Hotels vorgedrungen waren, hat sich die Lage über Nacht beruhigt. Wie zu Anfang der Woche gab es keine Schüsse in den inneren Stadtbezirken mehr, dafür Detonationen am Stadtrand. Dort sind auch Hubschrauber der Regierung im Einsatz. Generell ist wichtig festzustellen, dass die Terroristen nie auch nur einen einzigen Stadtbezirk "unter Kontrolle" hatten. Vielmehr unternehmen sie "hit- and run"-Operationen, um Angst und Panik zu verbreiten.
Doch das ist ihnen trotz des verheerenden Terroranschlages von vorgestern nicht gelungen. Assad hat sofort fähige Nachfolger ernannt und sich im Fernsehen gezeigt. Meldungen, dass er seine Familie ausgeflogen hätte, erwiesen sich als westliche Desinformation. Ich kann auch bei mir im Hotel feststellen, dass die Tränen von vorgestern (bei Hotelangestellten und Gästen) getrocknet sind. Es herrscht finstere Entschlossenheit "We will defeat the terrorists!". Weiß man im Westen eigentlich, dass der ermordete Verteidigungsminister ein Christ war? Die Christen hier werden, wenn die Terroristen weiter machen, in höchster Gefahr sein. Unter Assad sind sie sicher.

Zur Berhugigung der Läge trägt auch bei, dass Peking und Moskau im Sicherheitsrat standhaft blieben. Vermutlich diente der Terror in den letzten Tage vor allem dazu, ihre Position zu erschüttern. Das ist missglückt.
Heute tagsüber, sie erhalte ich telefonische Meldungen von Einsatzkräften, laufen Säuberungsaktionen. Die Armee geht erfolgreich gegen terroristische Unterschlupfe am Stadtrand vor. Einige Waffenlager wurden schon ausgehoben. Beim Telefonieren höre ich MG-Feuer hinter dem Gesprächspartner...
Westliche Meldungen, dass die Terroristen Grenzposten zu Türkei und Irak erobert hätten, kann ich derzeit von hier aus noch nicht beurteilen.



http://www.compact-magazin.com/index.php?option=com_content&view=article&id=306%3Ahaeusle-bauer-abzocke-durch-waermedaemmung&catid=3%3Anewsflash




Andrea Ricci, 5. Tag in Damaskus: "Kein Bürgerkrieg, sondern Special Operations"

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Andrea Ricci, 5. Tag in Damaskus: "Kein Bürgerkrieg, sondern Special Operations"
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Update 16:10 Uhr:

Gerade Anruf von COMPACT-Korrespondent Andrea Ricci aus Damaskus. Vorher Meldungen über Terroristen, die als Soldaten verkleidet in die Innenstadt einsickern. Schüsse in der Nähe seines Hotels im Stadtzentrum, etwa 150 Meter entfernt. Ricci musste sich rennend in Sicherheit bringen. Lage dramatisch. Unklar, ob die Checkpoints rund ums Hotel noch gesichert sind.
Bericht von heute früh, ca. 10:30 Uhr:

Andrea Ricci: Der 5. Tag in Damaskus

Seit dem Anschlag auf den innersten Assad-Machtzirkel gestern hat sich die Sicherheitslage wesentlich verschlechtert. Vom Dach meines Hotels aus kann ich in den Vororten (etwa 2 Kilometer von mir entfernt) fast die ganze Nacht durch Schusswechsel hören und immer wieder Explosionen (etwa 5 Kilometer entfernt) auch sehen. Kampfhubschrauber fliegen regelmäßig Einsätze in den Vororten, das gab es auch bis zum Wochenende nicht. Gestern ein großer Feuerball am Horizont, da könnte sogar ein Hubschrauber abgeschossen worden sein. Danach fiel der Strom auch in meinem Hotel aus. Sobald es Tag wird, lassen die Kämpfe stark nach, aber hören - anders als bis zum Wochenende - nicht auf. In den Innenstadtbezirken ist es ruhig, z.B. bei mir rund ums Hotel sind die Geschäfte ganz normal offen. Es gibt aber überall mobile Chechpoints auch im Zentrum, die Soldaten gestern errichtet haben.

Die Ermordung des Verteidigungsministers und des Schwagers von Assad wird von Al Dschasira als Putschversuch interpretiert. Aber das ist Desinformation, sehe ich als Versuch, Zwietracht in den inneren Kreis der Macht zu tragen. Es kann, da hat Al Dschasira aber auch recht, nicht von irgendwelchen Turnschuh-Rebellen und Fanatikern gemacht worden sein. Das waren absolute Profis. Ich tippe auf die Aktion eines ausländischen Geheimdienstes. Wer fällt uns wohl dazu ein? Auch für den Abschuss eines Hubschraubers braucht es Profis...
Nachdem das Attentat in den Medien lief, fingen im Hotel einige Frauen spontan zu weinen an. Wut und Trauer über den Terror sind groß, das Volk steht zu Assad. Aber wenn das eigene Leben in Gefahr gerät, kann die Situation in Panik kippen. Nachmittags dann einige Spontandemos Pro Assad in der City, aber davon habe ich zu spät Wind bekommen. Am Abend treffe ich nach einer Busrundfahrt durch die Stadt noch einen alten Freund wieder, Manuel Ochsenreiter vom rechten Monatsmagazin Zuerst. Wir haben uns zuletzt auf ner Konferenz in Teheran gesehen. Ich als Sohn eines Partisanen werde wahnsinnig, wenn er über die deutsche Vergangenheit spricht. Aber hier, in der Gegenwart und in Damaskus, während es eine halbe Autostunde  entfernt rumst und kracht, spielt das keine Rolle. Das Bier im Cham Palace schmeckt uns beiden gut. Was mag der morgige Tag bringen - der Beginn des Ramadan?




Andrea Ricci, 4. Tag, breaking news: Terroristenbombe tötet syrischen Verteidigungsminister

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Andrea Ricci, 4. Tag, breaking news: Terroristenbombe tötet syrischen Verteidigungsminister
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COMPACT-Korrespondent Andrea Ricci (normalerweise in Beirut lebend) ist seit Samstag in Syrien und berichtet jeden Tag auf compact-magazin.com.

Nicht vergessen: Am Donnerstag COMPACT-Veranstaltung "Syrien vor der Invasion?" mit dem palästinensischen Journalisten Said Dudin (19.7., 19 Uhr, "Viethaus", Berlin-Mitte, Leipziger Str. 54/55)

Andrea Ricci: Der 4. Tag in Damaskus

Achtung, dies ist - anders als in den vergangenen drei Tagen - kein Text von Andrea Ricci, vielmehr hat er mich gerade aus Damaskus angerufen und mir einige Informationen durchgegeben, die ich hier aufschreibe. Er selbst kann den Rest des Tages vermutlich NICHT an eine stabile Internetverbindung kommen. Das wichtigste zuerst: Eine Bombe der Terroristen hat, wie gerade gemeldet wird, den syrischen Verteidigungsminister getötet und den Außenminister schwer verwundet. +++ Die für gestern Abend geplante Pro-Assad-Großkundgebung war kurzfristig abgesagt worden. Da viele Teilnehmer mit Bussen ins Stadtzentrum gekommen wären, hätte es ein Sicherheitsrisiko für terroristische Angreifer gegeben. +++ Vom Dach seines Hotels aus kann unser Korrespondent in der Ferne die Hubschrauber sehen, die in Außenbezirken zur Bandenjagd eingesetzt sind. +++ Zitat Andrea Ricci: "Es gibt nach wie vor keine Kämpfe in der Stadt. Es gibt keine Front in Damaskus, auch nicht in den Vororten. Was es gibt, sind terroristische Banden, die nachts einsickern und dann Bomben platzieren. Diese Terroristen haben keinen Rückhalt in der Bevölkerung, aber sie werden aufgrund ihrer Skrupellosigkeit zu einem Sicherheitsproblem."
(Aufschrieb: Jürgen Elsässer)




Andrea Ricci, 3. Tag: Es gibt keine "Front" in Damaskus

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Andrea Ricci, 3. Tag: Es gibt keine "Front" in Damaskus
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Nun schon der 3. Tag: COMPACT-Korrespondent Andrea Ricci (normalerweise in Beirut lebend) ist vor Ort in Syrien und berichtet jeden Tag auf compact-magazin.com über neue Nachrichten von der (Propaganda-)Front.

Nicht vergessen: Am Donnerstag COMPACT-Veranstaltung "Syrien vor der Invasion?" mit dem palästinensischen Journalisten Said Dudin (19.7., 19 Uhr, "Viethaus", Berlin-Mitte, Leipziger Str. 54/55)

Andrea Ricci: Der 3. Tag in Damaskus

Sieht so eine "umkämpfte Stadt" aus? Soll das die Rebellenoffensive in Damaskus sein? Habe mir heute Nacht im Internet die ARD-Tagesschau reingezogen. Wenn man genau hinschaut, sah man, wie an einer Stelle (!!) schwarzer Rauch irgendwo weit hinten über den Dächern aufsteigt. Ein syrischer Kumpel hat gemeint, das könnte man ganz einfach erzeugen, indem man ein paar alte Autoreifen anzündet, das qualmt heftig. Also Vorsicht vor den Husarenmeldungen in den westlichen Medien. Damit soll Stimmung gemacht und der Eindruck erweckt werden, Assad sei am Kippen. Ist aber nicht so. In Damaskus gibt es vile Checkpoints, aber die Lage ist tagsüber völlig ruhig. Nachts sieht es ein bisschen anders aus, dazu gleich mehr.
Zur Bewegungsfreiheit für Journalisten: Ist nicht eingeschränkt! Wir können uns frei bewegen, auch raus aus der Stadt. An den Checkpoints werden wir wie alle durchsucht und müssen Papiere vorweisen. Da ich aber mit einem Journalistenvisum der Regierung gekommen bin, habe ich keinerlei Probleme.
Von Clemens Wergin lese ich grade auf Welt.de: „Nun haben die Kämpfe das Zentrum der syrischen Hauptstadt erreicht. Zwar sollte man nicht glauben, dass es den Rebellen in kurzer Zeit gelingen wird, das Regime zu besiegen. Dafür sind die Machtgleichgewichte noch zu einseitig zugunsten der Regierungskräfte verteilt. Es ist aber auch nicht absehbar, dass Baschar al-Assad die Situation in den Griff bekommen könnte. Und so werden die Aufständischen weiter darauf setzen, die Kräfte des Regimes langsam zu erodieren. Irgendwann wird es dann zu einem Wendepunkt kommen.“
Falsch, Wergin. Das ist der Blödsinn, den ich als Augenzeuge richtig stellen muss. Die Kämpfe haben kein Zentrum erreicht. Sie, Herr Wergin, haben von Ihrem Wohnzimmer in Deutschland aus die Kriegsführung ganz und gar nicht verstanden. Wenn die Nacht über Damaskus hereinbricht, beginnen die Explosionen und Schüsse. Wer sich diesen Krieg als eine Art Front vorstellt, die sich auf die syrische Hauptstadt zubewegt, liegt falsch. Nachts sickern bewaffnete Kämpfer in bestimmte Viertel ein, legen die Infrastruktur lahm und liefern sich Gefechte mit Regierungskräften. Man will so die syrische Armee provozieren, damit sie eingreift – und wieder die üblichen Bilder an die Medien liefern kann, wo das syrische Militär in Wohngegenden Stellung bezieht. Ist die Nacht vorbei, sind die Kämpfe vorbei. In der nächsten Nacht wird dann wieder vielleicht ein anderes Viertel provoziert. Die Bevölkerung ist genervt davon, sie steht mehrheitlich auf der Seite der Regierung. Die Hoffnung der Rebellen ist nicht etwa, durch die nächtlichen Terrorangriffe die Herzen der Syrer zu erobern, sondern die Armee herauszufordern und danach den Westen bombardieren zu lassen. Das ist der „Wendepunkt“ auf den die bewaffneten Milizen in ihrem Kampf gegen Baschar al-Assad hoffen. Denn den Aufständischen sind die syrischen Bürger egal. 

Doch weiter im Text von Wergin:
„Wenn eine Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr an einen Sieg Assads glaubt, wenn die treusten Anhänger Assads die Aussichtslosigkeit ihres Kampfes einsehen und wichtige Stützen des Regimes davonlaufen. Wann dieser ,tipping point´ erreicht sein wird, weiß niemand.“
Ja, Herr Wergin, nicht wahr, so ist „der Syrer an sich“! Dieser kleine Opportunist, der jeden unterstützt, solange er „an einen Sieg glaubt“. Es sind genau solche Formulierungen, die in bester Kolonialherrenart zeigen, wes Geistes Kind Wergin ist. Der dumme Syrer wird schon spuren, wenn er merkt, wer am längeren Hebel sitzt.
„In Diktaturen können weder Außenstehende noch Bürger verlässlich einschätzen, was die anderen denken. Ob sie noch aus Überzeugung zum Regime stehen oder nur aus Angst. Das ist der Grund, warum auf Gewalt gebaute Apparate lange stabil erscheinen. Und warum sie mitunter blitzartig in sich zusammenfallen.“
Besten Dank für den kleinen Exkurs. Wer wissen möchte, wie die Syrer denken, soll sie am besten selber fragen. Wergin bevorzugt Kaffeesatzleserei – auch das ist ein Hobby hier in Syrien, allerdings weniger in der Politik. Interessant wäre auch die Frage, ob die syrischen Bürger überhaupt denken, sei lebten in einer Diktatur. Doch vor den Antworten fürchten sich die etablierten Medien zu sehr.
„Je rascher Assad stürzt, desto besser.“
Was soll dann „besser“ sein?
„Aber auch die Opposition muss endlich kritischer unter die Lupe genommen werden. In manchen Regionen gibt es Anzeichen, dass islamistische Kräfte ethnische Säuberungen vornehmen und etwa Christen vertreiben. Und inzwischen mehren sich auch die Zweifel an der Behauptung der Opposition, das Regime hätte in Tremseh ein Massaker an Zivilisten angerichtet.“
Man kommt wohl auch bei der „Welt“ nicht mehr ganz darum herum, die Realität anzuerkennen. Doch Wergin formuliert widerwillig und vorsichtig, was hier in Syrien längst offenbar ist: Vom Westen ausgerüstete und von Saudi-Arabien und den Golfemiraten finanzierte Mörderbanden treiben ihr Unwesen, um einen islamistischen Staat auf den Trümmern des zivilisierten und liberalen Syrien zu errichten. Trimseh war eben kein „Massaker“ und schon gar kein „Geonzid“ (Erdogan). Es waren Militäroperationen zur Bekämpfung der islamistischen Aufständischen.
„Das Rote Kreuz hat die Rebellen gerade zur Konfliktpartei aufgewertet und redet nun offiziell vom Bürgerkrieg. Damit geht für die Aufständischen die Verpflichtung einher, sich an Kriegsvölkerrecht zu halten. Wenn nicht, können sie sich eines Tages genauso vor dem Internationalen Strafgerichtshof wiederfinden wie die Schergen des Regimes. Es reicht also nicht, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen. Man muss sich auch in Taten und Worten von den Verbrechern des Regimes unterscheiden.“
Den meist islamistischen Rebellen bedeutet das Kriegsvölkerrecht so viel wie der Internationale Strafgerichtshof der israelischen Regierung. Die Aufständischen haben sich seit Beginn der Kämpfe mit mehr Blut befleckt als die syrische Regierung. Solche lästigen Fakten läßt Wergin lieber unbeachtet. Warum sollte er auch: Er steht ja auch auf der „moralisch richtigen Seite“. Das genügt.
Heute Abend wird es für den Westen wieder einmal eine Überraschung geben, die deswegen die Westmedien auch ignorieren werden: Eine große Kundgebung im Zentrum von Damaskus - dort, wo laut welt.de die Kämpfe sein sollen... Ich gehe hin und Berichte morgen hier auf compact-magazin.com .

Lesen Sie Andrea Riccis Artikel über die "Kriegslüge Hula" vollständig in der Printausgabe  COMPACT 7/2012.

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