Wenn der stellvertretende Präsident eines kriegführenden Landes an
der Richtigkeit des Krieges zweifelt, sollte dies eigentlich für
Schlagzeilen sorgen. Nicht so, wenn es um den Einmarsch in den Irak
geht. Nicht so, wenn es sich um die Aussage des amerikanischen
Vizepräsidenten Joe Biden handelt. Neben einer russischen Zeitung und
Radio Havanna erwähnte eine internationale Presseagentur diese Aussage
nur beiläufig. Bei der, dem Angriff gegen den Irak vorangegangenen,
Abstimmung im US-Senat, gehörte Joe Biden als Senator übrigens zu den
Befürwortern.
Anlässlich einer Parteikonferenz der Demokraten im US-Bundesstaat
Maryland hielt Joe Biden, im Auftrag von Präsident Obama, am vergangenen
Freitag eine einstündige Rede zum Thema der amerikanischen
Außenpolitik. Wie anfangs erwähnt, gehörte Joe Biden im Jahr 2002 zu den
Befürwortern des Angriffs gegen den Irak, wie er von der damaligen
Regierung unter George W. Bush, trotz weltweiter Proteste, gefordert
wurde. Jetzt, acht Jahre später, äußerte er Zweifel, ob er sich noch
einmal so entscheiden würde, ließe sich das Rad der Geschichte
zurückdrehen. Ohne auf die Opferzahlen unter der irakischen Bevölkerung
einzugehen, verwies er auf 4.439 gefallene amerikanische Soldaten und
32.000 Verwundete, von denen zumindest die Hälfte für den Rest ihres
Lebens unter den Folgen leiden wird.
Es sei daran erinnert, dass zu Beginn des Jahres 2003 in aller Welt,
Amerika eingeschlossen, unzählige Millionen von Menschen durch die
Straßen marschierten, um gegen den geplanten Angriff zu protestieren. Es
sei ebenso daran erinnert, dass es sich bei der Behauptung, Irak hätte
über Massenvernichtungswaffen verfügt, um eine glatte Lüge gehandelt
hatte. Der damalige Außenminister Colin Powell erklärte in einem im Jahr
2007 gegebenen Interview,
dass er in einem mehrstündigen Gespräch versucht hatte, den damaligen
Präsidenten Bush davon zu überzeugen, Irak nicht anzugreifen.
Insbesondere wegen der von ihm unwissentlich vor den Vereinten Nationen
vorgetragenen Lügen bezüglich Iraks Massenvernichtungswaffen, denen er
anfangs offensichtlich selbst zum Opfer fiel, legte Colin Powell am 15.
November 2004 sein Amt als Außenminister nieder.
Was jedoch zu wesentlich mehr Verwunderung führen sollte als Joe Bidens
Zweifel an der Korrektheit dieses Angriffskrieges gegen den Irak, ist
die Tatsache, dass die internationale Presse diese Aussage weitgehend
ignoriert.
Insbesondere die Erwähnung in diesem Artikel bei der internationalen Presseagentur AFP
sollte erwarten lassen, dass diese Aussage von den Medien Beachtung
findet. Die Suche bei Google-News auf deutsch, englisch, französisch und
spanisch brachte lediglich eine extrem kurze Meldung bei The Voice of Russia und einen Artikel
bei Radio Havanna zutage. Abschließend sei noch erwähnt, dass es sich
bei der Kernaussage des vorliegenden Beitrages um die Frage der
mangelnden Berichterstattung handelt und nicht um die Weitergabe der
Meldung von AFP.
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