Der Vorwurf: Teheran stehe ein Jahr vor der Vollendung einer Atombombe. Im wesentlichen: „im Westen nichts Neues“!
Seit mehr als 15 Jahren -mit mehr oder weniger gefährlichen Szenarien- hören und sehen wir, wie gegen den Iran gehetzt wird. Embargos sind verhängt worden (von den grossen Konzernen unterlaufen) und Propaganda vom Feinsten wird uns präsentiert, doch ein echter Beweis ist bisher nicht erbracht.
Wohin die psychologische Hetze führen kann, beschreibt Wladimir Jewsejew, Direktor des russischen Zentrums für gesellschaftspolitische Studien.
Ein psychologischer Großkrieg wird in den vergangenen Monaten gegen den Iran geführt. geschrieben von Wladimir Jewsejew
Solide
westliche Medien bringen immer schrecklichere Meldungen über
vermeintliche Kriegs- und Terrorpläne der Iraner oder deren Erfolge beim
Bau der Atombombe.
Lohnt
sich diese Strategie der psychologischen Abschreckung oder birgt sie
die Gefahr eines neuen Kriegs im Nahen und Mittleren Osten?
Amerika in Gefahr?
Mitte Mai hatte die deutsche Zeitung „Die Welt“ berichtet, der Iran wolle eine Raketenbasis in Venezuela bauen.
Auf der Basis nahe der Stadt Santa Ana de Coro sollen atomwaffenfähige
Mittelstreckenraketen stationiert werden, die bis zu jedem beliebigen
Ort in den USA reichen könnten, hieß es.
Das
ist im Grunde eine Desinformation: die Entfernung zwischen der zu den
USA am nächsten gelegenen venezolanischen Stadt Maracaibo bis Miami
beträgt rund 2 000 km. Für die iranischen Mittelstreckenraketen Shahab 3
ist diese Entfernung unüberwindbar, besonders dann, wenn diese Raketen
mit atomaren Sprengköpfen auf der Grundlage von waffenfähigem Uran
bestückt sind.
Selbst
wenn man vermutet, dass der Iran doch einen Atomsprengkopf bauen (der
Iran kommt beim Uran-Programm besonders erfolgreich voran und braucht
für den Bau eines atomaren Sprengkopfes mindestens zwei Jahre)
und Shahab-3-Mittelstreckenraketen nach Venezuela bringen würde, wäre
ein Atomschlag nicht einmal auf den am nächsten gelegenen US-Bundesstaat
möglich.
Eine
prinzipielle Wende würde es geben, wenn der Iran zweistufige
Festtreibstoff-Raketen des Typs Sejil in Venezuela aufstellen würde. In diesem Fall wäre eine begrenzte Anzahl von Zielen auf dem US-Territorium gefährdet.
Ende
Oktober informierte die „Washington Times“, dass zwei
Mittelstreckenraketen mit atomaren Gefechtsköpfen in den früheren 1990er
Jahren in Kasachstan gestohlen und in den Iran geschmuggelt worden
seien. Zudem soll der Mullah-Staat vier taktische
152-mm-Atomladungen aus der Ukraine entwendet haben. Auch behauptete die
Zeitung, dass der Iran über zwei einsatzbereite Atomsprengköpfe und
über eintausend ballistische Raketen verfüge, die auf US-Basen im Nahen
und Mittleren Osten sowie in Europa gerichtet seien.
Auch diese Information stimmt nicht. Diebstahlfälle von sowjetischer Atommunition in den 1990er Jahren sind nicht bekannt, auch nicht den USA.
In
Kasachstan hatte es nur drei ballistische Interkontinentalraketen
gegeben. Die jetzigen iranischen Mittelstreckenraketen sind nicht einmal
in der Lage, bis nach Israel zu reichen. Selbst wenn man eine
Atomladung stehlen würde, brauchte man mindestens zehn Jahre für die
technischen Arbeiten, um diese einsatzbereit zu machen.
Am 11. Oktober erhob die US-Justiz gegen zwei Auswanderer aus dem Iran Anklage.
Die Männer sollen mit den iranischen Islamischen Revolutionsgarden in
Beziehung stehen und Attentate auf Botschaften von Saudi-Arabien und
Israel sowie einen Mordanschlag auf den saudischen Botschafter in
Washington geplant haben.
Ein
weiteres Beispiel für den psychologischen Druck war der jüngste
IAEA-Bericht zum iranischen Atomprogramm, der unter anderem vertrauliche
Daten über iranische Atomforschungen enthielt. Irans
Atomaktivitäten vor 2003 (Beginn der Krise um sein Atomprogramm) sind
gut erforscht. So hatten iranische Spezialisten von 2002 bis 2003 den
Sprengkopf der Shahab-3-Rakete umgebaut und an eine kugelförmige
Sprengladung angepasst. Ganz neu sind diese Angaben nicht. Doch das
dadurch erzeugte Aufhebens in den Medien schürte die Spannungen und
blockierte faktisch die Verhandlungen.
Die
weiteren Fälle, die im Bericht erwähnt sind, lassen Zweifel aufkommen,
weil die Anzahl der Quellen begrenzt ist und die beschriebenen
Aktivitäten keinen eindeutigen militärischen Charakter hatten (hauptsächlich handelt es sich um Dual-Use-Technologien).
Die aufgedeckten nicht gemeldeten Atommaterialien waren nicht waffenfähig und deren Menge nach den IAEA-Begriffen unbedeutend
(für das Uran mit einem Anreicherungsgrad von über 20 Prozent gilt eine
Menge von über 25 kg als bedeutend). Deshalb gibt es nach der Meinung
der meisten russischen Experten keinen gewichtigen Grund für neue
UN-Sanktionen gegen den Iran.
Israel meldet sich bereit
Anfang November schloss Israels Präsident Shimon Peres erstmals einen Angriff auf iranische Atomanlagen nicht aus.
Zugleich veranstaltete das Land eine Zivilschutzübung, während
Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak
nach einigen Angaben im Kabinett für eine gewaltsame Lösung des
iranischen Atomprogramms warben.
Ob
das die Fortsetzung des psychologischen Krieges gegen den Iran ist? Auf
den ersten Blick schon. Weil weder das iranische Atomprogramm noch
seine Raketen mittlerweile eine Bedrohung für Israel sind.
Die
israelische Armee hat nicht genug Potenzial, um die 15 wichtigsten
iranischen Atomanlagen zu zerstören (…) Auch der israelische
Raketenschild ist noch nicht fertig.
Was weiter?
Es gibt zwei mögliche Szenarien für die Entwicklung um das iranische Atomprogramm.
Szenario
Nummer eins: Russland und China blockieren weitere UN-Sanktionen gegen
den Iran; die USA und ihre Verbündeten verstärken mithilfe einseitiger
Sanktionen den Druck auf den Iran. Teheran kooperiert weiter
mit der IAEA, engt aber dann die Zusammenarbeit – je nach Politisierung
der Tätigkeit der Behörde – schrittweise ein.
Eine
solche Entwicklung ist am wahrscheinlichsten. Sie zieht keine
katastrophalen Folgen nach sich, bringt den Iran jedoch immer näher an
die „rote Linie“, ab der der Bau der Bombe eine rein politische Sache
ist.
Szenario
Nummer zwei: Israel bombardiert iranische Atomanlagen. Grund für diese
Entscheidung ist nicht so die Angst vor der iranischen Atomgefahr,
sondern eher die innerpolitische Situation in Israel und die Lage in
der Region, die, wie wir wissen, sehr kompliziert und explosiv ist.
Da
man weiß, wie Israel wichtige Entscheidungen trifft, kann man kaum
erwarten, dass die Amerikaner ihren Verbündeten davon würden abhalten
können. Die USA und die übrige Weltgemeinschaft würde Tel Aviv vor vollendete Tatsachen stellen.
Alles
Weitere würde von Washington abhängen. Wenn die USA Israel unterstützen
und den Iran angreifen, versinkt der Nahe und der Mittlere Osten in
einen regionalen Krieg mit unkalkulierbaren Folgen. Sieht
Washington von militärischen Handlungen ab, dann baut der Iran
kurzfristig eine Atombombe und veranlasst dadurch auch Saudi-Arabien und
womöglich auch die Türkei zur „nuklearen Wahl“.
Der
genaue Zeitpunkt für einen israelischen Angriff auf iranische
Atomanlagen lässt sich kaum vorhersagen. Doch erscheint ein solches
Szenario immer realistischer.
Wie
daraus ersichtlich, birgt die Strategie der psychologischen
Abschreckung gegen den Iran zunehmend Gefahren in sich. Niemand will
einen neuen Krieg in der Region, doch die Wahrscheinlichkeit eines
Krieges nimmt zu.
Dieser Prozess kann noch gestoppt werden. Dafür müssen aber sowohl Tel Aviv als auch Teheran diese Notwendigkeit erkennen. Geschrieben von Wladimir Jewsejew für RIA Novosti
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Weil er für einen Artikel im Magazin Cicero auf einen vertraulichen Bericht des BKA zurückgegriffen hatte, wurde Bruno Schirra der »Beihilfe zum Geheimnisverrat « beschuldigt, seine Büroräume durchsucht und die Recherchematerialien zu diesem Buch beschlagnahmt. Der investigative Reporter ist ein intimer Kenner der iranischen Kultur und Politik. In seinem Buch zeichnet er das Porträt eines Landes, das sich durch kulturellen Reichtum und große Gastfreundschaft auszeichnet, aber zugleich für die barbarischen Praktiken der Scharia und weltweiten Terror steht.In einer unvergleichlichen Mischung aus politischer Analyse und investigativem Journalismus beschreibt Schirra die Entwicklungen im Iran. Mit erschreckenden Details macht er deutlich, wie das seit Jahren praktizierte System des Terrors nach innen und außen funktioniert: Staatspräsident Ahmadinejad war ebenso wie viele seiner Amtsträger nicht nur als Geheimdienst-Mitglied in staatsterroristische Aktivitäten in Wien und anderswo verwickelt; er ist zudem beseelt von der Idee, den Rest der Welt mittels »Heiligem Krieg« zum schiitischen Glauben zu bekehren – was vor dem Hintergrund des umstrittenen Nuklearprogramms mehr als beunruhigend ist. »Was uns und euch bevorsteht, ist eine lange Nacht der Finsternis«, orakelt der ehemalige Vizepräsident der Islamischen Republik Iran.
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