Es gibt viele
Möglichkeiten, um Schuld und strukturelle Mitverantwortung für unseren
anstehenden Systemcrash auszulagern. Gierige Spekulanten, gewissenlose
Konzerne, korrupte Politiker. Die Auswahl an Buhmännern ist so groß wie
nie.
Weiterführen
wird uns das nicht. Denn wir verwechseln, wie immer, Krankheit und
Symptome. Ob ‘Occupy Wallstreet’ oder ‘End The FED’, das Ziel der
erbosten Massen sind lediglich die Protagonisten eines Systems, welches
sich aus sich selbst heraus erschafft. Entweder Gewinnwachstum wird
erkämpft oder der Untergang ist unausweichlich. Dies gilt gleichermaßen
für Boni- Banker und konzerninterne Think Tanks als auch politisch
Verantwortliche und Kleinbürger. Das Paradigma der Gewinnmaximierung
zwingt zu exponentiellem, also unbegrenztem Wachstum innerhalb eines
endlich begrenzten Systems, der Erde.
Weg mit der FED?
Gibt es Möglichkeiten,
dies zu ändern? Nein. Aus der Nummer kommen wir nicht mehr raus. Zu groß
ist das Machtgefälle zwischen globalen Entscheidungsträgern und
Bürgern, zwischen Zwang und Vernunft. Ob politische Elefantenrunden oder
Aufstocker, alle Beteiligten sind den Zwängen desselben
kapitalistischen Systems unterworfen. Es mag wohl möglich sein, die FED
abzuwickeln, es wird sich jedoch nicht verhindern lassen, dass an
anderer Stelle ein vergleichbares Äquivalent aufploppt. Lediglich
Tageslicht und Sauerstoff gibt’s für lau. Der Rest kostet Geld.
Weg mit dem Geld?
Also weg mit dem Geld. Ein verlockendes Gedankenexperiment, über das ich schon mehrfach geschrieben habe.[1]
Jedoch zu kurz gesprungen. Wenn das Geld abgeschafft wird, so der
allgemeine Tenor, dann müssen wir eben wieder Tauschen. Wo ist der
Unterschied zwischen Tauschen und Bezahlen? Richtig, es gibt keinen.
Diesselbe Misere, nur unter anderen Vorzeichen. Also kein Tausch mehr,
stattdessen kollektivierter Fluss von Bedarfsgütern. Jeder bringt sich
kostenlos in den täglichen Produktionsprozess ein, erhält im Gegenzug
alles was er zum Leben benötigt und das zum Nulltarif. Wenn Waren keinen
Wert mehr besitzen, wenn also der Bäcker seine Brötchen ebenso
kostenlos zur Verfügung stellt, wie der Schuster seine Schuhe oder der
Landwirt seine Kartoffeln, dann steht nicht mehr Wert gegen Wert,
sondern Engagement gegen Engagement. Dies wäre zumindest theoretisch ein
realisierbares Konzept. Allerdings nur, solange sich nicht alle
Beteiligten von ihrer eigenen Gier überwältigen lassen. Ohne den
Einzelnen geht’s nicht.
Faulheit heißt das Ziel
Alles, was Menschen
tun, dient dem Zuwachs an Effizienz. Mit weniger Kraft mehr erreichen
als vorher, das ist das Konzept, nach dem die Natur Leben erschafft.
Wären Aufwand und Ertrag genau gleich groß, so wäre das Ergebnis Null.
Daher muss der Ertrag stets höher sein, als der Aufwand. Ohne diese
kleine Unwucht könnte kein Leben existieren. In dem Maße, indem wir
diese Kunst als Menschen kultiviert haben, könnte es zugleich unseren
Untergang bedeuten. Um soviel zu bekommen, wie George Soros innerhalb
einer Stunde verdient, müsste eine 400 Euro Reinigungskraft im selben
Zeitraum die Arbeitsleistung von rund 14 Jahre erbringen. Soros ist da
deutlich effizienter. Mit einer kleinen Fingerbewegung setzt er das
Vielfache dessen um, was seine Raumpflegerin an Geld bewegt.[2]
Aber auch George Soros tut das nicht ganz freiwillig. Auch er ist ein
Gefangener seines Systems. Würde er in seiner Effizienz nachlassen und
sinkende Umsätze generieren, würde er in kürzester Zeit von der
Konkurrenz verschlungen werden. Effiziens und Wachstum gehen Hand in
Hand.
Weg mit den Politikern?
Wann immer die
Systemfrage gestellt wird, dürfen Politiker nicht fehlen. Wer auf einen
charakterlich gefestigten und in weiser Vorraussicht kluge
Entscheidungen treffenden Staat hofft, wird enttäuscht werden. Politiker
sind genauso dumm, käuflich, erpressbar und egoistisch wie alle anderen
Menschen auch. Aufgerüttelt werden sie nur durch Katastrophen wie
Kriege im eigenen Land. Zudem stehen sie unter dem enormem Druck, soviel
als möglich vom Weltmarkt ihrer eigenen Wirtschaft nutzbar zu machen.
Wenn Frau Merkel in China landet, dann sicherlich nicht, um über Marx zu
diskutieren. Vielmehr hat sie einen Tross von Wirtschaftsexperten,
Ökonomen und Großproduzenten im Schlepptau, die auf lukrative Verträge
hoffen. Die Konditionen und Eckdaten haben sie bereits im voraus in
langen Nächten unter Zuhilfenahme komplexer Wirtschaftsalgorithmen und
unter genauester Beobachtung des politischen Weltgeschehens bis ins
kleinste Detail erkundet. Die Welt ist ein Geschäft. Zufälle gibt es auf
dieser Ebene so gut wie keine mehr. Und sollten die erhofften
Vertragsabschlüsse nicht zustande kommen, die angepeilten Ressourcen
stattdessen der internationalen Konkurrenz zugute kommen, so stände die
Existenz aller beteiligten Firmen unmittelbar auf dem Spiel. Und damit
auch die Existenz des Standortes Deutschland. Frau Merkel hat daher
keine andere Wahl, als die Hochfinanz zu hofieren. Allenfalls über das
Maß ließe sich noch streiten.
Weg mit den Menschen?
Dies wäre die logische
Konsequenz eines monetären Krieges, wie wir ihn führen. Wir sind auf dem
besten Weg dorthin. Wenngleich kein Mensch wirklich weiß, wieviele
Menschen derzeit auf diesem Planeten leben, geisterte erst unlängst die
Zahl von sieben Milliarden durch die Medien. Dies kann stimmen oder auch
geschickte Panikmache sein, nach dem Motto: „Das Boot ist voll!“
Durch die Blogs hingegen geistert eine andere Zahl. Zwei Milliarden
Überlebende sollen angeblich das angestrebte Vernichtungsziel sein,
welches Bilderburger und andere Elitezirkel sich auf die Fahnen
geschrieben haben. Dabei ist das Ausmaß des Bevölkerungswachstums
bereits seit Jahren rückläufig. Wir werden zwar mehr, aber nicht mehr so
schnell wie früher.
Interessanterweise
reagieren Menschen auf diesem Globus unterschiedlich auf Armut. Während
Menschen der westlichen Hemisphäre eher mit Kinderverzicht auf Armut
reagieren, scheint in der östlichen Hemisphäre vorwiegend die Auffassung
verbreitet zu sein: „Je mehr Kinder, desto mehr Hände, die Geld
verdienen können.“ In den wirklich armen Ländern dieser Welt scheinen
Kinder somit auch dem Ziel einer Altersvorsorge zu dienen. Eine bessere
soziale Absicherung weltweit könnte diesem Phänomen entgegenwirken. Aber
das Gegenteil wird getan.
Essen auf Rädern
So werden in Afrika und
anderen weiten Teilen der Welt zusehends landwirtschaftliche
Ertragsflächen für den Anbau von Biotreibstoffen zweckentfremdet.
Anstatt den Menschen dort ein bescheidenes Wohlstandswachstum zu
ermöglichen, dessen Voraussetzung ausreichende Nahrung ist, werden die
Menschen zusätzlich in die Armut bis hin zum Hungertod getrieben. Sei es
durch Spekulationen, die die Nahrungspreise nach oben treiben, sei es
durch das Wirken des IWF oder auch durch Ölpalmen in Monokultur.
Tief gesunken
Was sich derzeit unter der Wasseroberfläche unserer Weltmeere abspielt ist unbeschreiblich.[3]
Mehrere Jahrzehnte lang haben Stromkonzerne bis 1994 ihren radioaktiven
Müll im Meer verklappt. Schwach- und mittelstark radioaktiver Müll
wurde in einfachen Fässern im Bauch der Ozeane entsorgt. Insgesamt haben
die Atmommüll produzierenden Staaten dieses Welt in weniger als fünf
Jahrzehnten wesentlich mehr als 100 000 Tonnen radioaktiver Abfälle ins
Wasser gekippt. Übrigens eine deutsche Idee, der sich dann andere
Staaten anschlossen. Die Fässer sind mittlerweile verwittert und der
strahlende Inhalt sucht sich seinen Weg zu uns über die Nahrungskette.
Zugleich leiten Sellafield und La Hague Tag für Tag völlig legal
radioaktive Abwässer ungereinigt in die Nordsee ein. Nicht erst seit
Fukushima werden in Fischen hochgefährliche Elemente wie Cäsium,
Strontium und Plutonium nachgewiesen. Bald schon finden wir unseren
Teller auch im Dunkeln.
Der verschlungene Planet
Das einzige, was wir
zum Essen haben, ist unser Planet – und wir müssen essen. Das ist die
Herausforderung, vor der wir als Menschheit stehen. Wir haben die
Möglichkeit, sie zu bewältigen. Durch Permakultur, durch vertikalen
Anbau, durch weltweite soziale Sicherungssysteme und vor allem durch
eine grundlegene Änderung unserer Nahrungsgewohnheiten. Beispielsweise
durch massiven Fleischverzicht. Wir wollen jeden Tag unseren
Sonntagsbraten, aber jedes Kilo Braten verschlingt zuvor 10 Kilo an
pflanzlicher Nahrung. Das kann die Erde nicht auf Dauer stemmen,
insbesonders, da gerade eine Reihe ehemaliger Schwellenländer dabei ist,
Fahrt aufzunehmen in Richtung Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Der
ökologische Fußabdruck jedes einzelnen Menschen misst gegenwärtig 2,2
globale Hektar (gha).[4]
Soviel benötigen wir, um unseren täglichen Bedarf zu decken. Allerdings
hat die Erde nur 1,8 gha zu bieten, mehr gibt der Planet beim besten
Willen nicht her. Der Verbrauch der Menschheit als Ganzes übersteigt die
Tragfähigkeit der Erde somit um ca. 20 Prozent. Ohne ungewissen
Ausgang.
Sein oder nicht sein – Mensch oder Parasit
Das ist hier die Frage.
Zuvieles gibt es, das sich ändern müsste. In den Köpfen, den Herzen und
im Handeln der Menschen. Wir müssen als Ganzes begreifen, dass es
unverzichtbar ist, mit unserem Denken in den nächst größeren Schaltkreis
zu wechseln. Schaltkreis 1: Jagen und Sammeln. Schaltkreis 2: Tauschen
und Tricksen. Schaltkreis 3: Mehr geben als nehmen sowie leben und leben
lassen. Solidarität statt Egoismus. Autorität durch Kompetenz statt
durch Unterwerfung. Vor allem jedoch: Freiwilliger Machverzicht aller
Beteiligten. Dann könnten wir es schaffen.
Super, vielen Dank (und ganz ohne Ironie).
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