Von Karin Leukefeld - Aus Protest gegen das »beschämende
internationale Schweigen« zu den »Verbrechen an der Zivilbevölkerung« in
Syrien hat die oppositionelle Nationale Koalition ihre Teilnahme an
internationalen Treffen zur Beendigung des Krieges in Syrien abgesagt. Das teilte der Sprecher der Koalition, Walid Al-Bunni am vergangenen
Freitag in Kairo mit. Man werde weder nach Moskau noch nach Washington
reisen, um über ein Ende des Krieges zu verhandeln, auch an dem Treffen
der »Freunde Syriens«, das in der kommenden Woche in Rom stattfinden
soll, werde man nicht teilnehmen. Zu dem Treffen in Rom wird auch der
neue US-Außenminister John Kerry erwartet, der in ersten Äußerungen
bereits deutlich gemacht hat, dass er eine Verhandlungslösung in Syrien
anstrebt. Al-Bunni griff vor allem die russische Regierung scharf an.
Sie sei für die Entwicklung in Syrien »ethisch und politisch
verantwortlich, weil sie weiterhin das Regime mit Waffen unterstützen«,
sagte er. Russland beharrt auf der Umsetzung des Genfer Abkommens, dem
im Juni 2012 alle Außenminister der Veto-Mächte im UNO-Sicherheitsrat
zugestimmt hatten. Kurz nach seiner Bekanntgabe wurde das Abkommen von
US-Außenministerin torpediert, was zum Rücktritt des Syrienvermittlers
Kofi Annan führte. Als sich der Präsident der Nationalen Koalition,
Mouaz Al-Khatib, Ende Januar 2013 zu Gesprächen mit syrischen
Regierungsvertretern bereit erklärt hatte, begrüßte der russische
Außenminister Sergeij Lawrow das ausdrücklich und lud Al-Khatib nach
Moskau ein. Der Besuch war für den 1. März vorgesehen. Die erneute
Gesprächsabsage seitens der Koalition ist ein herber Schlag für Mouaz
Al-Khatib, der für seine Gesprächsbereitschaft mit syrischen Offiziellen
auch in Syrien viel Zustimmung erhalten hatte. Der Meinungsumschwung
der Koalition zeigt, dass die Hardliner unter den Islamisten und der
Muslimbruderschaft sich gegen Al-Khatib durchgesetzt haben. Nun soll bei
einem Treffen am 2. März in Istanbul eine Exilregierung gebildet
werden, sagte Koalitionssprecher Al-Bunni. Man werde zunächst einen
Ministerpräsidenten bestimmen, der solle eine Regierung ernennen. Die
»Exil-Regierung« solle in den »befreiten Gebieten« Syriens tätig werden,
sagte Al-Bunni, ohne zu erläutern, welche Gebiete gemeint sein könnten.
Bisher war die Bildung einer Exilregierung an mangelnder finanzieller
Unterstützung der Golfstaaten gescheitert, die weiterhin Millionensummen
in die Finanzierung und Bewaffnung der Aufständischen in Syrien
investieren. Vergangenen Mittwoch hatte die katarische
Nachrichtenagentur QNA mitgeteilt, dass Katar der Nationalen Koalition
für »humanitäre Hilfe« 100 Millionen US-Dollar überwiesen habe.
Unterstützung erhielt der Sprecher der Nationalen Koalition auch vom
türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyib Erdogan. Bei einem Treffen
in Sharjah, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, forderte Erdogan die
»internationale Gemeinschaft« auf, die Verbrechen der syrischen
Regierung zu verurteilen. Den syrischen Präsidenten bezeichnete Erdogan
als »sprachlosen Teufel«, der zwar das eigene Volk angreife, aber nichts
gegen Israel unternehme, um die von diesem besetzten Golanhöhen
zurückzuerobern. Aus Israel wurde am Donnerstag bekannt, daß die
Regierung Ölbohrungen auf dem Golan genehmigt hat. Den Zuschlag erhielt
die US-amerikanisch-israelische Energiefirma Genie, deren Vorsitzender
Effie Eitam ist, ein rechtsradikaler Siedler in der Region. Die Firma
wird von dem früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney beraten. Israel
besetzte die Golanhöhen 1967 und annektierte das Gebiet 1981. Beides
verstößt gegen das Völkerrecht, wie in verschiedenen UNO-Resolutionen
festgehalten ist. Dennoch weigert sich Israel bis heute, die besetzten
Gebiete an Syrien zurückzugeben.
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