14.3.2012. Mittwoch. Eifel. Einiges deutet momentan auch auf eine Neuwahl hin. Wie ich aus aktueller Quelle
erfahren habe, will “Merkel in Afghanistan bleiben und kämpfen” um
“ihre Freiheit am Hindukusch zu verteidigen”. Das nenne ich mal
beispielhaft. Das Deutschland mal eine Kanzlerin in die Wüste schickt,
ebenfalls. Ich denke, das ist auch ein konsequentes Verhalten, denn
wenn die Deutschen wirklich erfahren, was im ESM – Vertrag steht und was
das für uns auf der Straße und im Büro bedeutet, wird sie ihre
Freiheit sowieso mit der Waffen verteidigen müssen, denn sonst droht
wohl Kerkerhaft.
Doch bleiben wir erstmal beim ESM-Vertrag – einem
700-Seitenwerk in Fachidiotisch, das niemals jemand lesen wird. Darum
ist es ja auch so geschrieben worden: Abschreckung ist schon lange ein
erfolgreiches Prinzip in der Wirtschaft. Der europäische Bund der
Steuerzahler hat aber jetzt doch mal nachgelesen – und eine Kurzfassung
geliefert, damit auch jene wissen, was dort gemauschelt wurde, die vor
lauter Arbeit gar keine Zeit haben, sich um einen solchen Mist zu
kümmern.
Wir erkennen auf den ersten Blick ganz wichtige Prinzipien des Paktes, ich zitiere aus der “Ultrakurzfassung”:
Die Gouverneure setzen sich ihr Gehalt und das ihrer Direktoren geheim in unbekannter
Millionenhöhe selbst fest (Art. 5 Abs. 7 (n), Art 34).
Das ist doch schon mal schön, oder? Wer möchte das nicht gerne –
sein Gehalt ganz geheim selber bestimmen? Wäre ja auch langsam mal
nötig, denn wenn man genau hinschaut, wird Deutschland West gerade ein Niedriglohnland.
So hatten wir uns die Angleichung ostdeutscher Verhältnisse nicht
vorgestellt, aber mit einer kompletten Ost-Führungsriege sollte das
nicht weiter verwundern.
Natürlich hat der ESM-Vertrag auch eine Sicherheitsklausel, um der
Gefahr, die aus einer solchen Selbstbedienungsklausel entsteht, zu
begegnen:
In ihrem Interesse genießen alle Gouverneure (incl. Dr. Schäuble), Direktoren etc. pp
Immunität hinsichtlich ihrer geschäftlichen Tätigkeit für die ESM-Bank, gleich ob hunderte
Milliarden Euro verschleudert, vernichtet, oder veruntreut werden (Art. 35).
Das heißt: auch wenn die sagen: die “Gouverneure” teilen alles Geld
unter sich auf, ist das ok. Uns halbiert man das Arbeitslosengeld – wie der Monti gerade in Italien – aber die können sich jede fiese Tour leisten und auch noch bestimmen, was es ihnen einbringt.
Cool, oder?
Natürlich gibt es auch eine gewisse Kontrolle, wäre in einer Demokratie ja auch undenkbar, das es das nicht gäbe:
Die jeweiligen Finanzminister (für die BRD: Dr. W. Schäuble) bilden den Gouverneursrat
(BoG) der ESM-Bank. Der BoG und die Räte sind rechtlich unantastbar, haben die totale
Kontrolle und letzte Entscheidungsmacht in allen finanziellen, sachlichen und personellen
Dingen der ESM-Bank. (Art. 5).
Das heißt: die machen mit unserem Geld was sie wollen. Schaut man sich den europaweiten Steueranteil an Benzin
an, weiß man auch, das die genug von unserem Geld haben – aber gar
nicht genug davon kriegen können. Europa ächzt, seine Volkstreter
feiern. Nein – da ist jetzt kein Rechtschreibfehler drin.
Das sieht jetzt schon übel aus, oder? Wir kriegen eine
Europaregierung, die unkontrollierbar und völlig haftungsfrei mit
gigantischen Geldsummen jonglieren darf – früher nannte man das
Absolutismus. Kommt aber noch besser.
Vielleicht hat sich jemand gedacht – gut, da müssen wir jetzt halt
durch. War ein Versehen mit Griechland, kommt nicht wieder vor. Leider
ist das ein Irrtum, denn aktuell wurde gerade Zypern der Ramsch-Status verpasst. Nebenbei wappnet sich die Bundesbank gegen Staatspleiten, was einen nicht sonderlich optimistisch in die Zukunft schauen läßt.
Weil das System aber jetzt schon unheimlich ist, wurde heimlich noch
eine kleine Sicherung eingebaut, damit es weiter laufen kann:
Das Aktien-Haftungs-Kapital der ESM-Bank beträgt (zunächst) € 700 Mrd. aufgeteilt in
(a) € 80 Milliarden einzuzahlende Aktien und (b) € 620 Milliarden abrufbare Aktien. (Art.
8 Abs. 1). Das Haftungs-Kapital kann ggf. durch Ausgabe neuer Aktien (auch höheren
Nennwerts!) bis in Billionenhöhe (c) beliebig erhöht werden (Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1).
Also … wenn der Schäuble mit 700 Milliarden Euro nicht auskommt,
dann kann der sich eben sofort mehr besorgen. Wer haftet? Jeder
Deutsche, mit all seinem Geld:
Die Deutschen haften (Ziff. 6), für (Minimum) 27 % – 100 % (Maximum) aus € 700 Mrd.
Wird das Aktien-Haftungs-Kapital erhöht (Art. 8, Art 10), kann sich daraus erhöhte
Haftung über € 700 Mrd. hinaus ergeben (Art. 9, Art. 10, Art. 25 Abs. 1 c, 2).
Ja, das wird gerade wirklich beschlossen. Kein Wunder, das die diese
Wahrheiten gut verpackt haben: niemand würde gerne freiwillig seiner
kompletten Enteignung zustimmen. Da waren sicher professionelle
Anlageberater am Werk, Leute, die schon an den Lehmann-Papieren gut
verdient haben
Wenn die Gouverneure nun neues Geld brauchen, müssen sie sich auch
nicht darum sorgen, das es große Debatten gibt: hier gibt es eine
Bringschuld der Steuerzahler, die sich mit fünf kleinen Buchstaben
ausdrücken lässt – ”flott”:
Im Ernstfall muss ESM-Haftungskapital binnen 7 Tagen eingezahlt werden oder wird auf
die übrigen Aktionäre umgelegt (Art. 9, Art. 10, Art. 25 Abs. 1 c, 2).
Was geschieht aber nun, wenn die Gouverneure ihr Geld nicht absolut
flott kriegen – wenn vielleicht eine zukünftige Regierung aus ganz
neuen Parteien sagt: “Nein, danke, wir wollen nicht mehr für die
Rendite von Großbanken zahlen”? Rollen dann die Panzer?
Klar, ich kann auch jetzt schon sagen, welche. Die Gouverneure haben
nämlich ganz klar die Interessen der neuen Eigentümer Europas zu
vertreten:
Die ESM-Kredite (Art. 14, 15, 16) haben im Konkurs eines Eurolandes Nachrang gegenüber
IWF-Krediten. Daraus folgt ein massiv erhöhtes Haftungs-Risiko (Präambel, Abs. 13, 14)
Also: Goldman Sachs bzw. der von den USA kontrollierte IWF bekommt
auf jeden Fall erstmal sein Geld. Die können in Zukunft wieder
unbegrenzt Kredite vergeben, um US-Waffenverkäufe an Griechenland zu
finanzieren. Gehen die Griechen daran zu Grunde, zahlt der Deutsche.
Klug, oder?
Nein, noch klüger: damit niemand dahinter kommt, was dort gespielt
wird, sind auch jedwede Kontrollen von vornherein ausgeschlossen:
Die zahlenden und haftenden Bürger haben keine Möglichkeit die Geschäfte der ESM-Bank
durch
Bestellung unabhängiger externer Prüfer auf ordnungsgemäße, sachliche
und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Solche Prüfungen sind
ausgeschlossen (Art. 26 – 30).
Der europäische Bund der Steuerzahler findet dafür drastische Worte:
Der ESM-Vertrag ist eine Verhöhnung und Verspottung des gesunden Menschenverstandes und
der europäischen Rechtstradition schlechthin. Schon das Ansinnen der Regierenden, die
Einrichtung der ESM-Bank durch das deutsche Parlament absegnen zu lassen, ist der schwerste
Anschlag gegen die Demokratie und die deutsche Nation seit 1933. Mit dem ESM-Vertrag
putscht eine kleine Gruppe von Regierenden gegen ihr eigenes Volk.
Soweit die Meinung des europäischen Bundes der Steuerzahler. Ob man diese Meinung übernehmen darf?
Wenn ja, dann würde das bedeuten, das wir jetzt sofort in unser Auto
steigen, bis zur nächsten Autobahn fahren und uns dort quer stellen,
auch wenn es nicht erlaubt ist. Wenn diese Sichtweise stimmt, dann
verstehe ich, warum Angela Merkel ihre Freiheit am Hindukusch
verteidigen will: das gibt ihr einen deutlichen Vorsprung vor der
Verfolgung durch deutscher Steuerzahler.
Sollte diese Sichtweise stimmen … dann müsste man sich überlegen,
das im Grundgesetz verankerte Widerstandsrecht in Anspruch zu nehmen.
Sehen wir mal bei der Bundeszentrale für politische Bildung nach:
im engeren Sinn ein Abwehrrecht des Bürgers gegenüber einer
rechtswidrig ausgeübten Staatsgewalt mit dem Ziel der Wiederherstellung
des (alten) Rechts. Im engeren Sinn richtet sich das Widerstandsrecht
auch gegen Einzelne oder Gruppen, wenn diese die Verfassung gefährden;
es dient dann der Unterstützung der Staatsgewalt, etwa wenn diese zu
schwach ist, die verfassungsmäßige Ordnung aufrechtzuerhalten
(“Verfassungshilfe”).
Dürfen wir erwägen, das eine “kleine Gruppe von Regierenden gegen
ihr eigenes Volk putscht” – und unsere Verfassung unsere Hilfe braucht?
Hören wir dazu den Herrn Junker, hier bei Wiwo:
Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hat den
europäischen Entscheidungsprozess einmal in zwei Sätzen prägnant
skizziert. „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und
warten einige Zeit ab, ob was passiert“, sagte der dienstälteste
Regierungschef der EU. „Wenn es dann kein Geschrei gibt und keine
Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen
wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück
mehr gibt.“
Wer solche Worte von sich gibt … macht nicht den Eindruck, als
würden ihn bestehende Verfassungen kaum noch kümmern, sondern eher den
Eindruck, als würde man den großen Putsch ganz bewußt in kleinen
Schritten vollziehen wollen. Die Taxpayers Association of Europe ( TAE)
e. V. steht mit ihrer Kritik nicht ganz alleine da, siehe Wikipedia:
Der Innsbrucker Europarechtler Walter Obwexer kritisiert das
Folgende: „Im Gegensatz zu anderen EU-Institutionen, wie der
EU-Kommission, ist keine parlamentarische Kontrolle vorgesehen. Es gibt
auch keinen parlamentarischen Einfluss auf sein Wirken. Der ESM wird
mit wenigen Ausnahmen (z. B. EuGH-Zuständigkeit bei
Schlichtungsverfahren) in kein vorhandenes System der Gewaltenteilung
eingebunden. Seine Tätigkeit ist nicht öffentlich und nicht
transparent.“ Das Direktorium würde somit das eingezahlte Grundkapital
nach eigenem Ermessen veranlagen. Der ESM hätte zudem die Möglichkeit,
Kredite aufzunehmen. Obwexer kritisiert, dass trotz dieser erlaubten
Finanzgeschäfte keine Prüfung durch den EU-Rechnungshof vorgesehen ist.
Die Rechnungsprüfung erfolge laut Vertrag durch externe Prüfer, die
vom Gouverneursrat beauftragt würden.
Und aus diesem System kommen wir auch nicht mehr heraus – siehe occupydeutschland:
Kein Austrittsrecht für ESM-Mitgliedstaaten
Wie es aussieht, kriegen wir gerade ein neues Ermächtigungsgesetz.
Aber Leute, die mit fünf Euro Stundenlohn Spritpreise von 1,69 Euro
stemmen müssen, haben aktuell in ihrem Alltag ganz andere Sorgen, als
sich um Europapolitik mit Milliardenrisiken oder den programmierten Finanzkollaps zu kümmern.
Sie müssen sich um neue Kredite kümmern, um weiterhin die Fahrt zur Arbeit bezahlen zu können.
Quelle NSO
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