Montag, 3. Oktober 2011

Jews for Obama

EINE WUNDERBARE REDE. Eine schöne Rede.

Die Sprache geschliffen und elegant. Die Argumente klar und überzeugend. Der Vortrag tadellos.

Ein Kunstwerk. Die Kunst der Heuchelei. Fast jedes Statement in der Passage, in der die israelisch-palästinensischen Probleme angesprochen wurden, war eine Lüge. Eine offensichtliche Lüge, weil der Redner wusste, dass es eine Lüge war – und auch die Zuhörer wussten dies.
Es war Obama in seine besten Form. Obama in seiner schlechtesten Form.
Als moralische Person müsste er den Drang empfunden haben, sich zu übergeben. Als pragmatische Person wusste er, dass er es tun musste, wenn er wieder gewählt werden wollte.

Im Wesentlichen verkaufte er die fundamentalen nationalen Interessen der USA für die Chance einer zweiten Amtsdauer.

Gar nicht schön – aber das ist Politik, OK?

ES MAG überflüssig sein – für den Leser beinahe beleidigend – auf die verlogene Natur dieses rhetorischen Gefüges hinzuweisen.

Obama behandelt die beiden Seiten, als wären sie gleich an Stärke und Macht – die Israelis und die Palästinenser, die Palästinenser und die Israelis.

Aber von den beiden sind es die Israelis – und nur sie – die leiden und gelitten haben. Verfolgung. Exil. Holocaust. Ein israelisches Kind von Raketen bedroht. Umgeben vom Hass der arabischen Kinder. Traurig.

Keine Besatzung. Keine Siedlungen. Keine Grenzen vom Juni 1967. Keine Nakba. Keine getöteten oder angsterfüllten palästinensischen Kinder. Es ist die gerade israelische Propagandalinie des rechten Flügels, sauber und einfach – die Terminologie, das historische Bild, die Argumentation. Die Musik.

Die Palästinenser sollten natürlich einen eigenen Staat haben. Ganz sicher. Aber sie dürfen nicht penetrant sein. Sie dürfen die USA nicht in Verlegenheit bringen. Sie dürfen nicht zur UN kommen. Sie müssen sich mit den Israelis zusammensetzen – wie vernünftige Leute – und ihr Problem mit ihnen ausarbeiten. Das vernünftige Schaf muss sich mit dem vernünftigen Wolf zusammensetzen und entscheiden, was sie zum Mittagessen haben werden. Fremde sollen sich da nicht einmischen.

Obama machte vollen Dienst. Eine Frau, die solche Art Dienst liefert, wird gewöhnlich im voraus bezahlt. Obama wurde direkt danach bezahlt, innerhalb einer Stunde. Netanjahu setzte sich mit ihm vor den Kameras zusammen und gab ihm genügend brauchbare zitierbare Liebeserklärungen und der Dankbarkeit, die für mehrere Wahlkampagnen reichen.

DER TRAGISCHE Held dieser Affäre ist Mahmoud Abbas. Ein tragischer Held, aber dennoch ein Held.

Viele Leute mögen von diesem plötzlichen Auftauchen Abbas’ als waghalsigem Spieler mit hohem Einsatz überrascht sein, der es wagt der mächtigen USA gegenüber zu treten.

Wenn Ariel Sharon einen Moment lang aus seinem jahrelangen Koma aufwachen würde, würde er vor Verwunderung schwach werden. Er war es, der Mahmoud Abbas ein „gerupftes Hühnchen“ nannte.

Doch während der letzen paar Tage, war Abbas das Zentrum globaler Aufmerksamkeit. Weltführer berieten mit einander, wie man mit ihm umgehen solle, ranghohe Diplomaten waren eifrig darum bemüht, ihn von diesem oder jenem Verhandlungskurs zu überzeugen. Kommentatoren überlegten, was er wohl als Nächstes tun würde. Seine Rede vor der UN-Vollversammlung wurde wie ein wichtiges Ereignis erwartet.

Nicht schlecht für ein Hühnchen, selbst für eines mit allen Federn.

Sein Auftauchen als ein Führer auf der Weltbühne erinnert irgendwie an Anwar Sadat.

Als Gamal Abd-al-Nassar unerwartet im Alter von 52 Jahren 1970 starb und sein offizieller Vertreter Sadat seinen Mantel übernahm, haben alle politischen Experten mit den Schultern gezuckt.

Sadat? Wer – zum Teufel – ist das? Er wurde als unbedeutende Figur angesehen, eine ewige Nummer zwei, eines der am wenigsten bedeutenden Mitglieder der Gruppe „freier Offiziere“, die Ägypten regierte.

In Ägypten, einem Land voller Witze und Witzbolde, gab es in Fülle geistreiche Bemerkungen über ihn. Im einen ging es um den braunen Fleck auf seiner Stirn. Die offizielle Version war, dass es die Folge vom vielen Beten sei, da er mit der Stirn den Boden berühre. Aber der wahre Grund war – so wurde erzählt – dass bei den Konferenzen, nachdem jeder andere gesprochen hatte, Sadat aufstand und etwas zu sagen versuchte. Da tippte Nasser gutmütig mit seinem Finger auf seine Stirn und drückte ihn sanft nach unten und sagte: „Setz dich Anwar!“

Zur äußersten Verwunderung der Experten – und besonders der israelischen – ging dieses Nichts ein sehr großes Risiko ein, als er 1973 den Oktoberkrieg begann und weiter ging, um etwas in der Geschichte Einmaliges zu tun: er ging in die Hauptstadt eines feindlichen Landes, während noch Krieg herrschte, und machte Frieden.

Abbas’ Status unter Yasser Arafat war dem von Sadats Status unter Nasser ähnlich. Doch Arafat hat nie einen Vertreter bestimmt. Abbas gehörte zu einer Gruppe von vier oder fünf möglichen Nachfolgern. Der Erbe würde sicher Abu-Jihad gewesen sein, wäre er nicht vorher von einem israelischen Kommando vor seiner Frau und den Kindern getötet worden. Ein anderer wahrscheinlicher Kandidat, Abu-Ijad, wurde von palästinensischen Terroristen getötet. Abu-Mazen (Abbas) war dann eine Art 2. Wahl.

Solche Politiker, die so plötzlich aus dem Schatten eines großen Führers treten, gehören im allgemeinen in zwei Kategorien: die ewig frustrierte Nummer zwei und der überraschende neue Führer.

Die Bibel gibt uns Beispiele beider Arten. Der erste war Rehabeam, der Sohn und Erbe des großen Salomo, der seinem Volk sagte: „Mein Vater strafte euch mit der Peitsche, ich will euch mit Skorpionen strafen.“ Die andere Art wurde von Josua, dem Nachfolger von Moses dargestellt. er war kein zweiter Moses, aber ein großer Eroberer.

Die moderne Geschichte erzählt die traurige Story von Anthony Eden, die lang leidende Nummer zwei von Winston Churchill, die wenig Respekt abnötigte. (Mussolini nannte ihn nach ihrem ersten Treffen einen „gut geschneiderten Idioten“). Nachdem er an die Macht gekommen war, versuchte er verzweifelt, Churchill gleich zu sein und führte Britannien 1956 bald in die Suez-Katastrophe. Zur zweiten Kategorie gehörte Harry Truman, der Nobody, der dem großen Franklin Delano Roosevelt folgte und jeden als resoluten Führer überraschte.

Abbas sah so aus, als würde er zur ersten Kategorie gehören. Jetzt plötzlich zeigt er sich, als ob er zur zweiten gehöre. Die Welt behandelt ihn mit neuem Respekt. Fast am Ende seiner Karriere nimmt er am großen Glücksspiel teil.

ABER WAR es weise? Mutig, ja . Wagemutig, ja. Aber weise?

Meine Antwort ist: ja, es war weise.

Abbas hat die Sache der palästinensischen Freiheit direkt auf den internationalen Tisch gelegt.

Länger als eine Woche ist Palästina im Mittelpunkt internationaler Aufmerksamkeit gestanden. Viele internationale Staatsmänner und -frauen, einschließlich des Führers der einzigen Supermacht der Welt, sind mit Palästina beschäftigt gewesen.

Für eine nationale Bewegung ist dies von größter Bedeutung. Zyniker mögen fragen: „Was haben sie davon gehabt? Doch Zyniker sind Toren. Eine Befreiungsbewegung gewinnt allein durch die Tatsache, dass die Welt aufmerksam wird, dass sich die Medien mit dem Problem herumschlagen, die Menschen mit Gewissen in aller Welt aufstehen. Es stärkt zu Hause die Moral und bringt den Kampf einen Schritt näher am Ziel.

Unterdrückung scheut das Rampenlicht. Besatzung, Siedlungen, ethnische Säuberungen gedeihen am besten im Schatten. Es sind die Unterdrückten, die das Tageslicht brauchen. Abbas’ Schritt lieferte es wenigstens für den Augenblick.

BARACK OBAMAs miserables Auftreten war ein Nagel für den Sarg von Amerikas Status als Supermacht. Es war ein Verbrechen gegen die USA.

Der arabische Frühling mag die letzte Chance für die USA gewesen sein, ihre Position im Nahen Osten wieder zu gewinnen. Nach einigem Zögern wurde dies Obama auch klar. Er rief Mubarak dazu auf, zu gehen, half den Libyern gegen ihren Tyrannen, machte einigen Lärm um Bashar al-Assad. Er weiß, dass er den Respekt der arabischen Massen wieder gewinnen muss, wenn er sein Format in der Region wieder finden will.

Nun hat er dies verraten, vielleicht für immer. Kein sich selbst achtender Araber wird ihm vergeben, dass er den hilflosen Palästinensern den Dolch in den Rücken stieß. Alle Glaubwürdigkeit, die die USA in den letzten Monaten in der arabischen und weiteren muslimischen Welt zu gewinnen versuchte, ist mit einem Windzug weggeblasen worden.

All dies für die Wiederwahl.

ES WAR auch ein Verbrechen gegen Israel.

Israel benötigt Frieden. Israel muss Seite an Seite mit dem palästinensischen Volk innerhalb der arabischen Welt leben. Israel kann sich nicht auf Dauer auf die bedingungslose Unterstützung der niedergehenden USA verlassen.

Obama weiß das sehr genau. Er weiß, was für Israel gut ist, selbst wenn Netanjahu es nicht weiß. Doch hat er dem betrunkenen Fahrer die Autoschlüssel ausgehändigt.

Der palästinensische Staat wird entstehen. In dieser Woche war es schon klar, dass dies unvermeidlich ist.. Obama wird vergessen werden wie auch Netanjahu, Lieberman und der ganze Haufen.

Mahmoud Abbas – Abu Mazen, wie ihn die Palästinenser nennen – wird in Erinnerung bleiben. Das „gerupfte Hühnchen“, das plötzlich in den Himmel auffliegt.


Quelle: http://www.tlaxcala-int.org

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen