Unter der Überschrift: "Wer überlebt", wurde eine Interessante Analyse von Norman Peach zum Thema " Immer neue Drohungen gegen Teheran: Ein Krieg gegen Iran könnte den Untergang des zionistischen Israels bedeuten“ veröffentlicht.
Die
CIA genießt nicht den Ruf einer seriösen Behörde. Man sollte ihr nicht
zu viel Vertrauen schenken. Das schließt nicht aus, dass der
US-Geheimdienst in dem einen oder anderen Fall durchaus zu richtigen
Erkenntnissen gelangt. Dies könnte auf eine Studie zutreffen, die er am
12. Februar 2009 veröffentlichte und in der er »den Untergang des
zionistischen Israels innerhalb von zwanzig Jahren« voraussagte, »wenn
die allgemeinen Trends sich fortsetzen«. Diese Trends sah die CIA nicht
in den nuklearen Ambitionen Teherans. Nein, die Prognose basiert auf der
Einschätzung, »dass es unwahrscheinlich ist, dass die israelische
Führung auch nur zu minimalen Konzessionen bereit ist, um zu einer
Verständigung mit ihren Nachbarn und deren zunehmend desillusionierten
und rasch wachsenden, Würde und Gerechtigkeit verlangenden Bevölkerungen
zu gelangen«. Die Studie verschwand sofort wieder, denn die Annahme war
realistisch und die Voraussage ähnelte gefährlich der berüchtigten
Prophezeiung des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad vom
Untergang Israels. Damals war Leon Panetta Direktor der CIA und hatte
die Studie offensichtlich abgesegnet. Als er nun im Oktober 2011 nach
Israel aufbrach, war er Verteidigungsminister der USA – und er hatte die
Studie in der Tasche. Die israelische Führung reagierte verärgert,
nicht so sehr auf die Mahnung, dass die Zukunft nicht mit militärischen
Mitteln zu sichern sei, sondern auf die Warnung, dass sich Israel nicht
unbegrenzt auf die finanzielle Unterstützung der USA verlassen könne.
Entweder mache es Frieden mit den Palästinensern, oder es werde
untergehen.
Gescheiterter Staat
Die
USA stehen vor einem echten Dilemma. Einerseits wollen sie einen Staat
retten und erhalten, der zunehmend die Symptome eines »Failing state«,
eines »gescheiterten Staates« aufweist. Andererseits wollen sie einen
Staat beseitigen, der sich trotz Sanktionen und Isolierung als immer
dominanter im arabischen Umfeld erweist. Man sollte nicht vergessen, was
Zbigniew Brzezinski, außenpolitischer Berater der US-Präsidenten von
James Carter bis Barack Obama, Ende der 90er Jahre als geostrategisches
Ziel Washingtons mit dem Begriff »Greater Middle East« verkündete: die
Ausrichtung aller Länder von der Türkei bis Pakistan auf die Interessen
der USA – mit allen notwendigen Mitteln. Das ist den Präsidenten bisher
bei allen Staaten ohne Rücksicht auf Verluste gelungen, außer Iran. Aber
die letzte »antiamerikanische« Bastion im Mittleren Osten, umgeben von
US-Protektoraten und Vasallenregierungen, wird derzeit für den Umsturz
vorbereitet.
Im April 2011 bekannte der ehemalige Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Mohamed ElBaradei in einem Interview, dass die Amerikaner und Europäer im Atomstreit nie an einem Kompromiss mit der Regierung in Teheran interessiert waren, »aber an Regimewechsel – durch jegliche notwendige Mittel«. Sein Nachfolger, der Japaner Jukija Amano, hatte bereits zwei Monate nach seiner Wahl im Juni 2009 dem US-Botschafter Glyn Davies zugesagt, seine Aufgabe in Übereinstimmung mit den strategischen Schlüsselentscheidungen der USA in der Iran-Angelegenheit zu erfüllen. Sein Bericht vom November 2011 interpretierte zwar nur alte Erkenntnisse neu und sammelte weitere Anschuldigungen gegen Iran von ausländischen Geheimdiensten, scheute aber doch davor zurück, die iranische Führung zu bezichtigen, definitiv atomares Waffenmaterial zu produzieren. Es reichte wieder nur zur Verkündung weiterer Sanktionen – mit der Drohung, dass man sich alle notwendigen Mittel vorbehalte.
Aus den Erfahrungen mit dem Nachbarland Irak weiß man, dass Sanktionen die Iraner nicht zum Verzicht auf ihr Atomprogramm zwingen werden. Es bleibt also die Frage: Ist ein Krieg gegen Iran unausweichlich? Fast jede Woche hört man erneut entsprechende Drohungen aus Israel, ob von Politikern oder Militärs. Auch aus den USA kommen regelmäßig Meldungen über Kriegspläne gegen Iran. Der US-Ökonom Daniel Ellsberg, der in den 70er Jahren den Pentagon-Skandal aufdeckte, wusste schon 2006 von Angriffsplänen: »US-Präsident George W. Bush und Vizepräsident Richard Cheney hegen solche Gedanken seit mindestens 18 Monaten. Sie haben ihre Militärstäbe insgeheim angewiesen, mögliche Atomangriffe auf unterirdische Atomenergieanlagen im Iran zu planen, ebenso wie umfassende konventionelle Luftangriffe auf überirdische militärische Energieanlagen und Kommandoposten. Philip Giraldi, ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter, hat vor einem Jahr im American Conservative berichtet, das Büro von Vizepräsident Cheney habe Kontingenzpläne für einen ›Luftangriff in großem Maßstab auf Iran sowohl mit konventionellen Waffen als auch mit taktischen Nuklearwaffen‹ in Auftrag gegeben. ›Mehrere hochrangige Offiziere der Air Force‹, die an der Planung beteiligt seien, seien ›erschüttert über die Implikationen ihrer Arbeit – dass nämlich ein nicht provozierter Angriff mit Atomwaffen auf den Iran in Planung ist –, doch niemand wolle durch Widerspruch seine Karriere gefährden‹.« (Frankfurter Rundschau, 13. Dezember 2006)
Im April 2011 bekannte der ehemalige Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Mohamed ElBaradei in einem Interview, dass die Amerikaner und Europäer im Atomstreit nie an einem Kompromiss mit der Regierung in Teheran interessiert waren, »aber an Regimewechsel – durch jegliche notwendige Mittel«. Sein Nachfolger, der Japaner Jukija Amano, hatte bereits zwei Monate nach seiner Wahl im Juni 2009 dem US-Botschafter Glyn Davies zugesagt, seine Aufgabe in Übereinstimmung mit den strategischen Schlüsselentscheidungen der USA in der Iran-Angelegenheit zu erfüllen. Sein Bericht vom November 2011 interpretierte zwar nur alte Erkenntnisse neu und sammelte weitere Anschuldigungen gegen Iran von ausländischen Geheimdiensten, scheute aber doch davor zurück, die iranische Führung zu bezichtigen, definitiv atomares Waffenmaterial zu produzieren. Es reichte wieder nur zur Verkündung weiterer Sanktionen – mit der Drohung, dass man sich alle notwendigen Mittel vorbehalte.
Aus den Erfahrungen mit dem Nachbarland Irak weiß man, dass Sanktionen die Iraner nicht zum Verzicht auf ihr Atomprogramm zwingen werden. Es bleibt also die Frage: Ist ein Krieg gegen Iran unausweichlich? Fast jede Woche hört man erneut entsprechende Drohungen aus Israel, ob von Politikern oder Militärs. Auch aus den USA kommen regelmäßig Meldungen über Kriegspläne gegen Iran. Der US-Ökonom Daniel Ellsberg, der in den 70er Jahren den Pentagon-Skandal aufdeckte, wusste schon 2006 von Angriffsplänen: »US-Präsident George W. Bush und Vizepräsident Richard Cheney hegen solche Gedanken seit mindestens 18 Monaten. Sie haben ihre Militärstäbe insgeheim angewiesen, mögliche Atomangriffe auf unterirdische Atomenergieanlagen im Iran zu planen, ebenso wie umfassende konventionelle Luftangriffe auf überirdische militärische Energieanlagen und Kommandoposten. Philip Giraldi, ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter, hat vor einem Jahr im American Conservative berichtet, das Büro von Vizepräsident Cheney habe Kontingenzpläne für einen ›Luftangriff in großem Maßstab auf Iran sowohl mit konventionellen Waffen als auch mit taktischen Nuklearwaffen‹ in Auftrag gegeben. ›Mehrere hochrangige Offiziere der Air Force‹, die an der Planung beteiligt seien, seien ›erschüttert über die Implikationen ihrer Arbeit – dass nämlich ein nicht provozierter Angriff mit Atomwaffen auf den Iran in Planung ist –, doch niemand wolle durch Widerspruch seine Karriere gefährden‹.« (Frankfurter Rundschau, 13. Dezember 2006)
Härtere Sanktionen
Derartige
Veröffentlichungen reißen seitdem nicht mehr ab. Wenn die nachfolgenden
Administrationen bisher Vernunft bewiesen haben, mag das auch an ihrem
Wissen liegen, dass ein militärischer Angriff auf die Atomanlagen das
ganze Programm zwar verzögern, aber nicht beseitigen kann. Es bedeutet
aber nicht, daß sie den gewaltsamen »Regime change« aufgegeben haben.
Obama schrieb im vergangenen Jahr an die Regierungschefs von Brasilien
und der Türkei einen Brief mit der Bitte, Iran davon zu überzeugen, 1200
Kilogramm angereicherten Urans in der Türkei zu lagern. Drei Wochen
später hatten die beiden Regierungen eine entsprechende Einigung mit der
Führung in Teheran erreicht. Doch die US-Regierung war nicht mehr
interessiert und forderte härtere Sanktionen. Selbst wenn Washington
weiterhin zögert, seine Kriegspläne umzusetzen, die größte Gefahr kommt
aus Jerusalem von dem gewalttätigen Regime Benjamin Netanjahu/Avigdor
Lieberman.
Schon einmal, im Juni 1981, haben israelische Kampfflugzeuge erfolgreich einen irakischen Atomreaktor bei Tuweitha kurz vor seiner Fertigstellung zerstört. Die Arbeiten an ihm standen unter der Kontrolle der IAEA, der die Israelis allerdings misstrauten. Der UN-Sicherheitsrat reagierte sofort und verurteilte mit der Stimme der USA den »verfrühten Angriff« als »Gefahr für den internationalen Frieden und die Sicherheit« sowie als »eindeutige Verletzung der UN-Charta und der Gesetze internationalen Verhaltens«. Er forderte Israel auf, »in Zukunft solche Angriffe und die Drohung mit ihnen zu unterlassen«. Sanktionen allerdings scheiterten am US-Veto. Es war abzusehen, dass eine folgenlose Rüge Israel nicht von einer Wiederholung abhalten würde. Und so bombardierte dessen Luftwaffe 2007 eine im Bau befindliche Nuklearanlage in Syrien. Diesmal reagierte weder der UN-Sicherheitsrat noch die Arabische Liga.
Weit gefährlicher als das Abenteurertum dieses unverantwortlichen Duos Netanjahu/Lieberman ist der Schutz der USA, der nach jedem kriminellen Unternehmen jegliche Sanktion verhindert. Diese Politik erst öffnet das Terrain für Jerusalems Unberechenbarkeit. Sie wird nicht im Weißen Haus oder im Pentagon gemacht, sondern im Kongreß, der Israels Regierungschef Netanjahu bei seinem letzten Besuch einen triumphalen Empfang bereitet hat. Wer sich auf einen solchen Verbündeten verlassen kann, wird nie Verantwortung zeigen, Interesse an echten Friedensverhandlungen haben, Kompromisse eingehen und sich an die UN-Charta gebunden fühlen. Ein Krieg mit Iran würde jedoch anders aussehen als der mit Gaza: Er könnte den Untergang des zionistischen Israels bedeuten, wie ihn Panetta voraussieht. Dann hätten die USA genau das Gegenteil erreicht, was sie für Israel wollen. Und es ist höchst zweifelhaft, ob sie in Teheran einen »iranischen Karsai« installieren können.
Schon einmal, im Juni 1981, haben israelische Kampfflugzeuge erfolgreich einen irakischen Atomreaktor bei Tuweitha kurz vor seiner Fertigstellung zerstört. Die Arbeiten an ihm standen unter der Kontrolle der IAEA, der die Israelis allerdings misstrauten. Der UN-Sicherheitsrat reagierte sofort und verurteilte mit der Stimme der USA den »verfrühten Angriff« als »Gefahr für den internationalen Frieden und die Sicherheit« sowie als »eindeutige Verletzung der UN-Charta und der Gesetze internationalen Verhaltens«. Er forderte Israel auf, »in Zukunft solche Angriffe und die Drohung mit ihnen zu unterlassen«. Sanktionen allerdings scheiterten am US-Veto. Es war abzusehen, dass eine folgenlose Rüge Israel nicht von einer Wiederholung abhalten würde. Und so bombardierte dessen Luftwaffe 2007 eine im Bau befindliche Nuklearanlage in Syrien. Diesmal reagierte weder der UN-Sicherheitsrat noch die Arabische Liga.
Weit gefährlicher als das Abenteurertum dieses unverantwortlichen Duos Netanjahu/Lieberman ist der Schutz der USA, der nach jedem kriminellen Unternehmen jegliche Sanktion verhindert. Diese Politik erst öffnet das Terrain für Jerusalems Unberechenbarkeit. Sie wird nicht im Weißen Haus oder im Pentagon gemacht, sondern im Kongreß, der Israels Regierungschef Netanjahu bei seinem letzten Besuch einen triumphalen Empfang bereitet hat. Wer sich auf einen solchen Verbündeten verlassen kann, wird nie Verantwortung zeigen, Interesse an echten Friedensverhandlungen haben, Kompromisse eingehen und sich an die UN-Charta gebunden fühlen. Ein Krieg mit Iran würde jedoch anders aussehen als der mit Gaza: Er könnte den Untergang des zionistischen Israels bedeuten, wie ihn Panetta voraussieht. Dann hätten die USA genau das Gegenteil erreicht, was sie für Israel wollen. Und es ist höchst zweifelhaft, ob sie in Teheran einen »iranischen Karsai« installieren können.
Norman
Paech ist emeritierter Professor für Völkerrecht. Er war von 2005 bis
2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und außenpolitischer Sprecher
der Fraktion Die Linke
Quelle: www.die-evidenz.de
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