Mittwoch, 1. Februar 2012

Das Meisterstück

Angela Merkel lobt die Geschwindigkeit, mit welcher der neue Fiskalpakt und die Einführung des ESM für den 1. Juli 2012 beschlossen wurde, als "Meisterleistung". Welche Art von Meister mag sie gemeint haben?
Einen Großmeister der Magie, der mit seinen Tricks und Illusionen in atemberaubender Geschwindigkeit das Publikum in maßloses Staunen versetzt?
Einen Meister der Rhetorik, der mit seiner Eloquenz alles an die Wand redet, was
an Zweifel und Widerspruch auftaucht?

Den Großmeister einer Loge, dessen Weisungen unbedingter Gehorsam zu leisten ist?
Einen Handwerksmeister, der mehr als nur die Grundlagen seines Handwerks begriffen hat, der all sein Wissen und seine Erfahrung daransetzt, seinen Kunden ein möglichst vollkommenes Werk abzuliefern, der dafür gewissenhaft analysiert, plant, prüft, abwägt, seine gereiften Pläne mit dem Kunden bespricht, einen Kostenvoranschlag vorlegt und schließlich in bester Qualität das abliefert, was besprochen und bestellt wurde, kann sie wohl kaum gemeint haben.
Herausgekommen ist - außer der gelobten Geschwindigkeit, die ja, außer bei Rennfahrern und Leichtathleten nur selten einen eigenen Wert hat - nämlich nur Murks.
Murks, der damit beginnt, dass Großbritannien und die Tschechische Republik nicht teilnehmen werden.
Murks, der sich damit fortsetzt, dass die leidige Diskussion um den "Sparkommissar" einfach nur ausgeklammert wurde und das Klima absehbar weiter vergiften wird.
Murks, der gekrönt wird dadurch, dass zwar - wieder einmal - neue Regeln aufgestellt wurden, man sich über die Konsequenzen bei Regelverstößen nicht einig werden konnte - nur darüber, dass ein Verfahren entwickelt werden solle, wer wen wann zu verklagen habe. ... und welche Folgen eine erfolgreiche Klage haben soll, das ist wohl auch noch offen.
Über den Gegenstand der Einigung - Schuldenbremsen für alle Mitgliedsländer, vorgezogene ESM-Einführung - brauche ich heute nicht mehr gesondert zu berichten.
Die Paukenschläge der letzten Monate und Jahre sind voll davon.
Vielleicht nur so viel:
Die Chefs von 25 EU-Staaten haben sich erneut vor den Märkten verneigt und einen Pakt geschlossen, von dem sie hoffen - aber keinesfalls sicher sein können - damit das Vertrauen derjenigen wiederzugewinnen, die sich als "die Märkte" bezeichnen lassen.
"Die Märkte", denen unhinterfragt das Recht zugesprochen wird, die Geldversorgung der Staaten nicht nur vollständig zu übernehmen, sondern auch nach Belieben zu manipulieren, braucht in einem Staat, in dem Vernunft herrscht, niemand.
Jeder Staat wäre in der Lage, seine eigene Währung zu emittieren und die Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft selbst sicherzustellen, jeder Staat wäre in der Lage, sich selbst aus der Schuldenfalle zu befreien, entzöge er nur "den Märkten" die Herrschaft über das Geld.
Es gibt kein Grundrecht auf Kapitalverzinsung, es gibt kein Grundrecht auf staatliche Eingriffe zum Werterhalt oder gar zur ständigen Wertsteigerung von Geldvermögen, es gibt kein Grundrecht auf die Herstellung von finanziellen Notlagen und zur anschließenden Ausnutzung dieser Notlagen.
Genau so verhalten sich die EU-Lenker aber, als hätte das Kapital jedes Recht und die Völker nur die Pflicht, alle Wünsche des Kapitals zu erfüllen.
 
 
Eine wahre Meisterleistung
sieht zum Beispiel so aus:
 
 
Das ist die skelettierte "Black Beauty" von Stefan Kudoke, einem Uhrmachermeister und Betriebswirt, der in seinem kleinen Atelier in Frankfurt an der Oder einzigartige Uhren fertigt. Stück für Stück ein Unikat.
 
Die Abbildung stammt aus dem Buch von Michael Brückner "Exzellenz in der Nische", in dem er Ateliers und Manufakturen vorstellt, die sich noch der handwerklichen Uhrmacherkunst verschrieben haben und mit berechtigtem Stolz ihre Meisterstücke präsentieren.
  
 
http://www.egon-w-kreutzer.de/

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