Gegen
wen richtet sich das sogenannte »Erdöl-Embargo« der Europäischen Union
eigentlich wirklich? – Hierbei geht es in Wahrheit um eine wichtige
geostrategische Frage. Teheran verurteilte die EU-Maßnahmen gegen den
Iran nicht nur als kontraproduktiv, sondern richtete an die Adresse der
EU auch die Warnung, das EU-Erdölimportembargo werde diese Länder und
ihre Volkswirtschaften stärker treffen als den Iran. Aber ist diese
Warnung an die führenden Politiker der EU, die neuen Sanktionen seien
unsinnig und richteten sich gegen ihre nationalen Interessen und die
Interessen der EU, wirklich berechtigt? Wer wird letzten Endes von den
Ereignissen, die mit diesem Schritt in Gang gesetzt wurden, profitieren?
Erdölembargos gegen den Iran sind nichts Neues
1951 verstaatlichte die
iranische Regierung unter Ministerpräsident Mohammed Mossadegh mit
Zustimmung des iranischen Parlaments die Erdölindustrie des Landes. Als
Folge dieses Schrittes blockierte Großbritannien die Hoheitsgewässer und
die Häfen des Iran mit seiner Kriegsmarine und verhinderte so, dass der
Iran Erdöl exportieren konnte. Zugleich brachten die Briten mit
militärischen Mitteln den Handel des Iran zum Erliegen. London fror
iranische Vermögen ein und versuchte das Land über Sanktionen zu
isolieren. Die Regierung Dr. Mossadeghs war demokratisch gewählt worden
und konnte von den Briten deshalb im Inland nicht so einfach in den
Schmutz gezogen werden. Daher stellten sie Mossadegh als Vasall der
Sowjetunion dar, der zusammen mit seinen marxistischen Verbündeten den
Iran in ein kommunistisches Land verwandeln wolle.
Auf die völkerrechtswidrige britische Seeblockade folgte zwei Jahre später im Rahmen eines von den Anglo-Amerikanern herbeigeführten Sturzes Mossadeghs dann der »Regimewechsel« in Teheran. Dieser Putsch machte den Schah, der nach der Verfassung eigentlich ein konstitutioneller Monarch war, zu einem absoluten Herrscher und Diktator, vergleichbar mit den Königen Jordaniens, Saudi-Arabiens, Bahrains und Katars. Über Nacht wurde der Iran von einer demokratischen konstitutionellen Monarchie in eine Diktatur verwandelt.
Auf die völkerrechtswidrige britische Seeblockade folgte zwei Jahre später im Rahmen eines von den Anglo-Amerikanern herbeigeführten Sturzes Mossadeghs dann der »Regimewechsel« in Teheran. Dieser Putsch machte den Schah, der nach der Verfassung eigentlich ein konstitutioneller Monarch war, zu einem absoluten Herrscher und Diktator, vergleichbar mit den Königen Jordaniens, Saudi-Arabiens, Bahrains und Katars. Über Nacht wurde der Iran von einer demokratischen konstitutionellen Monarchie in eine Diktatur verwandelt.
Heute ist ein Erdölembargo gegen
den Iran anders als Anfang der 1950er-Jahre mit militärischen Mitteln
nicht durchzusetzen. Deshalb verschanzen sich London und Washington
hinter rechtschaffenen Phrasen und schieben die angeblichen Bestrebungen
des Iran, Atomwaffen zu entwickeln, als Vorwand vor. Aber wie in den
1950ern zielt das Erdölembargo gegen Teheran letztlich auf einen
Regimewechsel ab. Aber hinter dem Vorhaben Washingtons, ein Erdölembargo
gegen die Iraner durchzusetzen, stehen noch tieferliegende und
weitreichendere Ziele, die über die Grenzen des Iran hinausreichen.
Die Europäische Union und die iranischen Erdölexporte
Die Europäische Union und die iranischen Erdölexporte
Die Volksrepublik China ist der
größte Abnehmer iranischen Erdöls. Nach Angaben der Internationalen
Energie-Agentur mit Sitz in Paris, die nach dem arabischen Erdölembargo
1973 als strategischer Arm der westlichen Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufgebaut wurde,
exportiert der Iran täglich 543.000 Barrel Erdöl nach China. Weitere
Großabnehmer sind Indien, die Türkei, Japan und Südkorea. Indien erhält
341.000 Barrel aus dem Iran, die Türkei importiert 370.000 Barrel
täglich, Japan 251.000 Barrel und Südkorea 239.000 Barrel.
Nach Angaben des iranischen
Erdölministeriums beträgt der Anteil der iranischen Erdölexporte in die
Europäische Union lediglich 18 Prozent und damit weniger als ein Fünftel
der gesamten iranischen Erdölverkäufe. Dieser Anteil, wohlgemerkt aller
erdölimportierenden EU-Staaten zusammengenommen, wird von einigen als
Beleg für die Wirksamkeit des EU-Erdölembargos gegen den Iran angeführt.
Der Iran könnte den Wegfall der
europäischen Erdölimporte durch neue Käufer oder durch Erhöhung der
Liefermengen an schon existierende Importländer wie China und Indien
ausgleichen. Eine Vereinbarung des Iran über die Anlage strategischer
Reserven mit China könnte einen großen Teil der Exportausfälle aufgrund
des EU-Embargos ersetzen. Das Erdölembargo gegen den Iran wird daher nur
minimale Auswirklungen auf das Land haben. Es ist sogar wahrscheinlich,
dass negative Folgen eher von den weltweiten Auswirkungen des Embargos
gegen den Iran herrühren werden.
Der Iran und der weltweite Währungskrieg
Der Iran und der weltweite Währungskrieg
Nach Angaben des Internationalen
Währungsfonds (IWF) machen Dollar und Euro zusammen etwa 84,8 Prozent
der derzeitigen Devisenreserven weltweit aus (Stand Ende 2011). Für sich
genommen nahm der US-Dollar mit 61,7 Prozent 2011 den Löwenanteil an
den weltweiten Devisenreserven ein. Die Energieverkäufe machen dabei
einen gewichtigen Anteil aus, da die Bezahlung der Energierohstoffe
größtenteils in US-Dollar abgewickelt wird.
Dieses Petrodollar-System ist
eine der wichtigsten Säulen des internationalen Wertes des Dollars. Fast
alle Länder der Welt sind praktisch gezwungen,
US-Dollar-Devisenreserven anzulegen, um ihre Energie- und
Handelsbedürfnisse befriedigen zu können. Um die Bedeutung des
internationalen Erdölgeschäfts für die USA zu verdeutlichen, sei nur
darauf hingewiesen, dass alle Mitgliedsstaaten des
Golf-Kooperationsrates (GCC) – Saudi-Arabien, Bahrain, Katar, Kuwait,
Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate – ihre jeweiligen
Landeswährungen an den Dollar gekoppelt haben und das Petrodollar-System
dadurch stützen, dass sie den Handel mit ihrem Erdöl in US-Dollar
abwickeln. Darüber hinaus sind auch die Währungen des Libanon,
Jordaniens, Eritreas, Dschibutis, Belizes und noch verschiedener anderer
tropischer Inseln in der Karibik ebenfalls an den Dollar gebunden. Und
neben den überseeischen Territorien der USA benutzen auch El Salvador,
Ecuador und Panama den Dollar offiziell als ihre Landeswährung.
Der Euro steht einerseits im
Konkurrenz zum US-Dollar, ist aber zugleich die Währung verbündeter
Länder. Beide Währungen arbeiten in vielen Fällen Hand in Hand gegen
andere Währungen und werden offensichtlich durch die immer enger
zusammenrückende und konzentrierende Macht der Finanzzentren
kontrolliert.
Neben den 17 EU-Mitgliedern, die
den Euro als Einheitswährung verwenden, verfügen auch das Fürstentum
Monaco, San Marino und der Vatikanstaat über Ausgaberechte, und sowohl
Montenegro als auch die mehrheitlich von Albanern bewohnte serbische
Provinz Kosovo setzen den Euro als Landeswährung ein. Außerhalb der
Euro-Zone sind die Währungen Bosniens, Bulgariens, Dänemarks, Lettlands
und Litauens in Europa, die Währungen Kap Verdes, der Komoren, Marokkos,
der Demokratischen Republik São Thomé und Príncipe sowie die beiden
CFA-Währungszonen in Afrika (die Coopération Financière en Afrique Central in Zentralafrika und die Communauté Financière d'Afrique in Westafrika) sowie die Währungen verschiedener westeuropäischer Überseegebiete wie Grönland alle an den Euro gebunden.
Auch andere Währungszonen sind
direkt an den Euro gekoppelt. In Ozeanien sind der Comptoir Francais du
Pacifique (CFP-) Franc, der auch einfach »Franc Pacifique« genannt und
in einer Währungsunion der französischen Überseegebiete in
Französisch-Polynesien benutzt wird, Neukaledonien und das französische
Überseegebiet der Wallis- und Futuna-Inseln an den Euro gebunden. Wie
schon erwähnt sind auch die beiden CFA-Zonen in Afrika eine Bindung an
den Euro eingegangen. Damit haben sowohl die Finanzunion Westafrikas,
dazu gehören Benin, Burkina Faso, die Elfenbeinküste, Guinea-Bissau,
Mali, Niger, der Senegal und Togo mit dem westafrikanischen CFA-Franc,
sowie die Finanzunion Zentralafrikas mit Kamerun, der
Zentralafrikanischen Republik, dem Tschad, der Republik Kongo
(Kongo-Brazzaville), Äquatorial-Guinea und Gabun mit ihrem
zentralafrikanischen CFA-Franc, ihr Schicksal an den Wert des Euro
geknüpft.
Der Iran strebt im Zusammenhang
mit den zunehmenden Feindseligkeiten mit den USA und der Europäischen
Union keine militärische Konfrontation an. Entgegen den immer wieder
verbreiteten Berichten erklärte Teheran, die Blockade der Straße von
Hormus sei nur das letzte Mittel. Zugleich haben die Iraner deutlich
gemacht, dass sie amerikanischen Schiffen oder Schiffen ihnen feindlich
gesonnener Länder die Durchfahrt durch die iranische Hoheitsgewässer
nicht länger gestatten werden, was ihr gutes Recht ist. Schiffe dieser
Länder könnten die Hoheitsgewässer Omans in der Straße von Hormus
benutzen. Allerdings wirft das für die USA und andere iranische Gegner
Probleme auf, da die Gewässer Omans in der Straße von Hormus zu flach
sind.
Anstelle einer militärischen
Konfrontation setzt sich Teheran wirtschaftlich auf unterschiedlichen
Ebenen zur Wehr. Als ersten Schritt begann der Iran bereits vor 2012
damit, seine internationalen Erdölverkäufe und den -handel hinsichtlich
der damit verbundenen Devisentransaktion zu diversifizieren. Mit diesem
bewussten Schritt will sich der Iran aus der Abhängigkeit vom US-Dollar
lösen, wie es auch schon Saddam Hussein 2000 getan hatte, um sich gegen
die dem Irak auferlegten Sanktionen zur Wehr zu setzen. In diesem
Zusammenhang errichtete der Iran in Konkurrenz zur New Yorker
Warenterminbörse Mercantile Exchange (NYMEX) und der in London sitzenden International Petroleum Exchange
(IPE), die beide ihren Transaktionen den US-Dollar zugrunde legen, eine
eigene internationale Energiebörse. Diese iranische Börse, die Kish Oil Bourse,
wurde offiziell im August 2011 auf der Insel Kisch im Persischen Golf
eröffnet. Bei ihren ersten Transaktionen nutze sie den Euro und den
Dirham der Vereinigten Arabischen Emirate.
Vor dem Hintergrund der
Konkurrenz zwischen Euro und US-Dollar wollten sich die Iraner
ursprünglich für den Euro und ein Petro-Euro-System entscheiden, weil
sie hofften, die Konkurrenz zwischen dem US-Dollar und dem Euro würde
die Europäische Union langfristig zu einem Verbündeten des Iran machen
und zu einer allmählichen Abkoppelung der EU von den USA beitragen. Aber
mit den zunehmenden politischen Spannungen mit der EU verlor das
Petro-Euro-System für Teheran an Attraktivität. Der Iran erkannte, dass
sich die Europäische Union unter einer korrupten Führung den
amerikanischen Interessen unterordnet. Daher ist Teheran, wenn auch
nicht in gleicher Intensität, bemüht, sich auch vom Euro zu lösen.
Darüber hinaus versucht der Iran
den Einsatz von US-Dollar und Euro in bilateralen Handelsbeziehungen zu
umgehen. Der Iran und Indien verhandeln derzeit über die Bezahlung für
iranisches Erdöl in Gold. Der iranisch-russische Handel wird in
iranischen Rial und russischen Rubel abgewickelt, während der Handel des
Iran mit China unter Verwendung des chinesischen Renminbi, iranischem
Rial, japanischem Yen oder anderen Währungen mit Ausnahme des US-Dollar
und des Euro abgewickelt werden.
Eigentlich hätte der Euro große
Vorteile aus einem Petro-Euro-System ziehen können, aber das Vorgehen
der Europäischen Union hat diese Perspektive praktisch zunichte gemacht.
Das Erdölembargo der EU ist praktisch nur der letzte Sargnagel. Auf
weltweiter Ebene schwächt die sich abzeichnende zunehmende Abkehr des
eurasischen und internationalen Handels von US-Dollar und Euro als
Reservewährungen diese beiden Währungen. Das iranische Parlament berät
derzeit über ein Gesetz, das solange einen sofortigen Stopp der
Erdölexporte an die Mitglieder der EU, die sich an den Sanktionen gegen
den Iran beteiligen, vorsieht, bis das EU-Erdölembargo aufgehoben wird.
Ein solcher Schritt würde den Euro vor allem auch deswegen erheblich
unter Druck setzen, weil die EU kaum Zeit haben würde, sich auf den
Ausfall der iranischen Erdöllieferungen einzustellen.
Aber es zeichnen sich noch
andere Interpretationsmöglichkeiten ab. Vielleicht sind diese
Entwicklungen auch im Sinne Washingtons, das die Europäische Union
schwächen will. Es könnte aber auch sein, dass die USA und bestimmte
einzelne EU-Mitgliedstaaten gegen strategische wirtschaftliche
Konkurrenten oder andere aufstrebende Märkte zusammenarbeiten.
Wer trägt den Nutzen? Die wirtschaftlichen Absichten reichen über den Iran hinaus …
Wer trägt den Nutzen? Die wirtschaftlichen Absichten reichen über den Iran hinaus …
Die Einstellung der iranischen
Erdölexporte und der Wertverlust des Euro spielten direkt den USA und
dem US-Dollar in die Hände. Das Vorgehen der EU trägt zu ihrer eigenen
Schwächung bei und begünstigt den US-Dollar in seiner Konkurrenz zum
Euro. Sollte der Euro tatsächlich zusammenbrechen, könnte der US-Dollar
schnell zumindest teilweise einspringen. Obwohl Russland von höheren
Erdölpreisen profitierte und als wichtiger Energielieferant seinen
Einfluss noch stärken könnte, warnte der Kreml die EU, dass sie mit
ihrem Vorgehen ihre eigenen Interessen zuwiderhandele und sich
Washington unterordne.
Die wirtschaftlichen Folgen
steigender Erdölpreise wiegen schwer. Ist die Europäische Union in der
Lage, solchen wirtschaftlichen Turbulenzen oder sogar einem
Euro-Zusammenbruch standzuhalten?
Das Erdölembargo der EU gegen
den Iran wird den Euro destabilisieren und dann lawinenartig auch andere
Volkswirtschaften außerhalb der EU in Mitleidenschaft ziehen. Teheran
hatte gewarnt, die USA zielten eigentlich darauf ab, über die
Durchsetzung des EU-Erdölembargos konkurrierende Volkswirtschaften zu
schwächen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegung ergibt es dann auch
einen Sinn, dass die USA versuchen, in Asien China, Indien, Südkorea und
Japan dazu zu bewegen, ihre iranischen Erdölimporte zu drosseln oder
ganz einzustellen.
Innerhalb der Europäischen Union
werden vor allem die schwächsten und angeschlagenen Volkswirtschaften
wie Griechenland und Spanien am stärksten unter den Folgen des
EU-Erdölembargos zu leiden haben.
Die Erdölraffinerien in den
EU-Ländern, die bisher iranisches Erdöl verarbeitet hatten, werden sich
neue Lieferanten suchen und ihr weiteres operatives Vorgehen den neuen
Gegebenheiten anpassen müssen. Einer der führenden Manager der
italienischen Unione Petrolifera, Piero De Simone, erklärte, es
sei damit zu rechnen, dass bis zu 70 Erdölraffinerien geschlossen
werden müssten. Möglicherweise würden dann asiatische Länder
raffiniertes iranisches Erdöl zulasten der lokalen Raffinerien und
Erdölindustrie an die EU verkaufen.
Trotz gegenteiliger politisch
motivierter Stellungnahmen zur Unterstützung des Erdölembargos gegen den
Iran wird Saudi-Arabien kaum in der Lage sein, die aufgrund des
Embargos in der EU und auf anderen Märkten entstehenden Lieferlücken
auszugleichen. Ein Engpass in der Erdölversorgung und die veränderten
Produktionsbedingungen dürften sich in vielerlei Hinsicht verschärfend
auf die Lage in der Europäischen Union auswirken und die Kosten für die
Produktion industrieller Güter, den Transport und die Marktpreise in die
Höhe treiben. Es ist daher damit zu rechnen, dass sich die Krise in der
Euro-Zone noch weiter verschärfen wird.
Aber der Preisanstieg bei Gütern
des alltäglichen Bedarfs, von Nahrungsmitteln bis zum Transport- und
Verkehrswesen, wird nicht auf die EU beschränkt bleiben, sondern wird
weltweit Auswirkungen nach sich ziehen. Und wenn die Preise auf
weltweiter Ebene anziehen, werden sich die Volkswirtschaften
Lateinamerikas, der Karibik, Afrikas, des Nahen und Mittleren Ostens und
der Pazifik-Region neuen Schwierigkeiten gegenübersehen, die die
Finanzwirtschaft in den USA und einige ihrer Partner, darunter auch
EU-Mitgliedsstaaten, zu ihrem Vorteil ausnutzen und bestimmte Bereiche
und Märkte in den genannten Regionen übernehmen könnten. Der IWF und die
Weltbank könnten in ihrer Funktion als Bretton-Woods-Sachwalter der
Interessen der Wall Street unter Ausnutzung der wirtschaftlichen
Schwierigkeiten dieser Länder versuchen, dort weitere
Privatisierungsprogramme durchzusetzen, die letzten Endes nur der
Finanzwirtschaft der USA und ihrer wichtigsten Verbündeten zugute kämen.
So gesehen wird viel davon abhängen, an wen der Iran seine durch das
EU-Embargo frei gewordenen Erdölfördermenge von immer 18 Prozent der
Tagesförderung verkaufen wird.
Die Folgen des arabischen Erdölembargos von 1973: Libyen und die Internationale Energieagentur
Die Folgen des arabischen Erdölembargos von 1973: Libyen und die Internationale Energieagentur
Viele Länder in Afrika oder der
Pazifik-Region verfügen über keine strategischen Erdölreserven und sind
daher weltweiten Preissteigerungen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Demgegenüber haben die USA und die EU alles versucht, sich selbst in
strategischer Hinsicht vor den Folgen derartiger nachteiliger
Entwicklungen zu schützen. Und hier kommt nun die Internationale
Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris ins Spiel. Auch die libyschen
Erdölvorkommen spielen bei den Feindseligkeiten und der Erdölpolitik im
Zusammenhang mit dem Iran eine wichtige Rolle.
Die IEA wurde nach dem
arabischen Erdölembargo 1973 ins Leben gerufen. Wie schon erwähnt, ist
sie sozusagen »der strategische Arm der westlichen Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)«. In der OECD
haben sich wichtige Länder des »Westens« zusammengeschlossen: unter
anderem die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien,
Italien, Belgien, Dänemark, Japan, Kanada, Südkorea, die Türkei,
Australien, Israel und Neuseeland. Die OECD besteht damit im
Wesentlichen aus den USA und ihren Verbündeten und Vasallen. Mit
Ausnahme von Israel, Chile, Estland, Island, Slowenien und Mexiko
gehören alle OECD-Mitgliedstaaten auch der IEA an.
Seit ihrer Gründung 1974 gehört
die Anlage strategischer Erdölreserven für die OECD-Länder zu den
wichtigsten Aufgaben der IEA. Während des NATO-Krieges gegen Libyen
stellte die IEA einen Teil ihrer strategischen Reserven zur Verfügung,
um die Lücke, die durch die eingestellten libyschen Erdöllieferungen
entstanden war, zu füllen. Zuvor hatte die IAE ihre Reserven nur zweimal
angezapft: im ersten Irakkrieg der von Amerika angeführten
Militärkoalition und 2005, als der Hurrikan Katrina die USA heimsuchte.
Mit dem Krieg in Libyen wurden zahlreiche Ziele verfolgt. Man wollte:
1. die afrikanischen Einheitsbestrebungen vereiteln;
2. China aus Afrika hinausdrängen;
3. die strategische Kontrolle über wichtige Energiereserven an sich reißen und
4. die Erdölversorgung für den im Fall eines von den USA angeführten Konflikts mit Syrien und den Iran sicherstellen.
Mit dem NATO-Krieg in Libyen
wurden [aus anglo-amerikanischer Sicht] die Erdöllieferungen aus Libyen
gesichert, denn es hatte die Gefahr bestanden, dass Oberst Muammar
al-Gaddafi im Falle eines möglichen Konflikts der USA, der NATO und
Israels mit Syrien oder dem Iran die Erdöllieferungen an die EU
eingestellt hätte, um Syrien und dem Iran beizustehen. Zu den Personen,
die wesentlich mit dazu beigetragen haben, dass die Vereinten Nationen
dem Krieg gegen Libyen zustimmten, gehört interessanterweise der Libyer
Sliman Bouchuigur, Vorsitzender der Libyschen Liga für Menschenrechte
(LLHR) und derzeitiger Botschafter Libyens in der Schweiz. Bouchuigir
war daran beteiligt, eine Strategie auszuarbeiten, mit der verhindert
werden sollte, dass Erdöl als strategische Waffe eingesetzt werden
könnte, um auf diese Weise sicherzustellen, dass sich eine Krise wie
1973 für die USA und ihre Verbündeten niemals wiederholen könnte.
Syrien gehörte wie der Iran ebenfalls zu den Erdöllieferanten der EU. Und wie im Falle des Iran hat die EU auch gegen Syrien auf Druck der USA im Rahmen der gegen Syrien verhängten Sanktionen ein Erdölimportverbot ausgesprochen. Aufgrund der fehlenden iranischen und syrischen Erdöllieferungen an die EU steigt die strategische Bedeutung der libyschen Erdölreserven. Vor diesem Hintergrund sind die Berichte über die Entsendung tausender amerikanischer Soldaten zu den libyschen Erdölfeldern auch so zu verstehen, dass diese Entsendung in einem direkten Zusammenhang mit der zunehmend feindseligen Haltung der USA und der EU gegenüber Syrien und dem Iran steht. Die Lieferung libyschen Erdöls, das eigentlich für China vorgesehen war, an die EU könnte ebenfalls Teil dieser Strategie sein.
Psychologische Kriegsführung
Syrien gehörte wie der Iran ebenfalls zu den Erdöllieferanten der EU. Und wie im Falle des Iran hat die EU auch gegen Syrien auf Druck der USA im Rahmen der gegen Syrien verhängten Sanktionen ein Erdölimportverbot ausgesprochen. Aufgrund der fehlenden iranischen und syrischen Erdöllieferungen an die EU steigt die strategische Bedeutung der libyschen Erdölreserven. Vor diesem Hintergrund sind die Berichte über die Entsendung tausender amerikanischer Soldaten zu den libyschen Erdölfeldern auch so zu verstehen, dass diese Entsendung in einem direkten Zusammenhang mit der zunehmend feindseligen Haltung der USA und der EU gegenüber Syrien und dem Iran steht. Die Lieferung libyschen Erdöls, das eigentlich für China vorgesehen war, an die EU könnte ebenfalls Teil dieser Strategie sein.
Psychologische Kriegsführung
Die auf Druck der amerikanischen
Regierung gegen den Iran verhängten Sanktionen stellen praktisch das
Ende der Fahnenstange dar. Das ganze Gerede über die angebliche
Isolation des Iran ist Übertreibung und hat wenig Bezug zu den
tatsächlichen derzeitigen internationalen Beziehungen und dem
Welthandel. Brasilien, Russland, China, Indien, der Irak, Kasachstan,
Venezuela und noch verschiedene andere Länder des früheren Sowjetblocks,
Asiens, Afrikas und Lateinamerikas haben sich geweigert, sich den
Sanktionen gegen die iranische Wirtschaft anzuschließen.
Das EU-Importembargo entfaltet
aber zusammen mit den weitergehenden Sanktionen gegen den Iran eine
breite psychologische Wirkung. Der Iran und sein Verbündeter Syrien
sehen sich beide einem auf vielen Ebenen stattfindenden Krieg gegenüber,
der wirtschaftliche, verdeckte geheimdienstliche, diplomatische,
mediale und psychologische Aspekte aufweist.
Die psychologische Kriegsführung, zu der auch die etablierten Medien als Werkzeuge der Außen- und Kriegspolitik zu zählen sind, stellt ein wirksames und zudem preisgünstiges Propagandainstrument der USA da. Aber psychologische Kriegsführung kann von beiden Konfliktparteien eingesetzt werden.
Die psychologische Kriegsführung, zu der auch die etablierten Medien als Werkzeuge der Außen- und Kriegspolitik zu zählen sind, stellt ein wirksames und zudem preisgünstiges Propagandainstrument der USA da. Aber psychologische Kriegsführung kann von beiden Konfliktparteien eingesetzt werden.
Ein Großteil der amerikanischen
Macht ist psychologischer Natur und beruht auf Ängsten. Aber ähnlich wie
die geografischen Bedingungen im Persischen Golf arbeitet die Zeit für
den Iran und gegen die USA.
Wenn der Iran an seinem
derzeitigen Kurs festhält und sich von den Sanktionen nicht beirren
lässt, wird dies dazu beitragen, eine wichtige psychologische Barriere
zu durchbrechen, die auf der ganzen Welt Länder davon abhält, sich gegen
die USA zu stellen.
Auch die Weigerung vieler
Länder, sich dem Druck der Regierung Obama zu beugen und sich den
Sanktionen gegen den Iran anzuschließen, wird das Ansehen und die Macht
der USA auf Dauer beschädigen, was dann wiederum auch wirtschaftlichen
und finanzielle Auswirkungen nach sich zöge.
Darüber hinaus wird das
EU-Erdölembargo gegen den Iran letztlich die EU stärker treffen als den
Iran. Auf lange Sicht könnte auch die USA davon betroffen werden.
In struktureller Hinsicht werden
die Folgen des EU-Embargos die EU noch stärker an die USA binden, aber
diese Folgen könnten die gesellschaftliche Opposition gegen Washington
stärken, was sich dann in der politischen und wirtschaftlichen Arena
auswirken könnte.
Mahdi Darius Nazemroaya ist Soziologe und ein mit Preisen ausgezeichneter Autor. Er arbeitet für des Centre for Research on Globalization (CRG) in Montreal und ist spezialisiert auf den Mittleren Osten und Zentralasien. Er hat als Autor und Gast für mehrere internationale Foren und Sender wie Al Jazeera, Press TV, Televisión del Sur (teleSUR) und Russia Today Beiträge über den Mittleren Osten verfasst. Seine Arbeiten wurden in mehr als zehn Sprachen veröffentlicht. Er schreibt auch für die Strategic Culture Foundation (SCF) in Moskau.
Quelle: Strategic Culture Foundation (SCF) vom 31.01.2012
Mahdi Darius Nazemroaya ist Soziologe und ein mit Preisen ausgezeichneter Autor. Er arbeitet für des Centre for Research on Globalization (CRG) in Montreal und ist spezialisiert auf den Mittleren Osten und Zentralasien. Er hat als Autor und Gast für mehrere internationale Foren und Sender wie Al Jazeera, Press TV, Televisión del Sur (teleSUR) und Russia Today Beiträge über den Mittleren Osten verfasst. Seine Arbeiten wurden in mehr als zehn Sprachen veröffentlicht. Er schreibt auch für die Strategic Culture Foundation (SCF) in Moskau.
Quelle: Strategic Culture Foundation (SCF) vom 31.01.2012
Global Research Articles by Mahdi Darius Nazemroaya
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