Mittwoch, 11. Februar 2015

Der neueste Angrif auf die griechische Demokratie - Euro-Banker treten Syriza ins Gesicht


Alexis Tsipras
Am Mitwoch erklärte die Europäische Zentralbank (EZB), dass sie nicht mehr griechische Staatsanleihen und von der Regierung garantierte Schulden als Kreditsicherheit akzeptieren würde. Obwohl Griechenland immer noch Dringlichkeits-Darlehen von der EZB aufnehmen kann, war der unmittelbare Effekt dieser Erklärung, die Beschaffung von Mitteln  und die Instabilität des Finanzmarkt in Griechenland zu erhöhen.

Wir sollten uns im klaren sein, was dies bedeutet. Dieser Schritt der EZB war vollständig unnötig, und er fand einige Wochen, bevor eine Entscheidung getroffen wurde, statt. Es sieht wie der bewusste Versuch aus, die neue Regierung zu unterminieren. Sie versucht, die griechische Regierung zu zwingen, ihre Versprechen an die Wähler aufzugeben und dem IWF-Programm zu folgen, dass ihre Vorgänger unterschrieben haben.

Hier ist Klarheit vonnöten, weil die europäischen Behörden oder die Troika, wie sie allgemein genannt werden, die Eurozone mindestens zwei zusätzliche Jahre in eine nicht notwendige Rezession stürzte, was 2011 begann, weil sie ein ähnliches feiges Spiel trieb. Die EZB hat ihrerseits bewusst und wiederholt der Eurozone erlaubt, bis an den Rand der finanziellen Kernschmelze zu gehen. Es war nicht, weil die Finanzmärkte die Macht hatten, den Euro zum Zusammenbrechen zu bringen, als sie den Ertrag der 10-Jahres-Staatsanleihen Italiens und Spaniens auf das unhaltbare Niveau von 7 % trieben. Sondern es war, weil die EZB bewusst diesen Markt-Akteuren erlaubte, für den Euro eine existentielle Krise zu schaffen, um von den Regierungen Italiens, Spaniens, Griechenlands, Portugals und Irlands Konzessionen zu erzwingen.

Diese Konzessionen drehten sich nicht nur um Bezahlung der Schulden, sondern auch um "strukturelle Reformen", die in den schwächeren Länder ein Remake des europäischen Wohlfahrtstaates bezweckten, wozu das Schrumpfen des Staates gehörte, Einsparung im Gesundheitswesen, den Pensionen und der Arbeitslosengelder sowie der Änderung der Arbeitsgesetze, die den Arbeitern zugute kamen.

Die europäischen Behörden waren bereit, große Risiken einzugehen, um diese Änderungen durchzudrücken und, was jetzt von den meisten Ökonomen zugegeben wird, ihre makroökonomische Politik, die zusätzliche Jahre unnötiger Rezession und Massenarbeislosigkeit verursachte (gegenwärtig 11.5 %).

Wenn wir diese jüngste Geschichte verstehen, können wir deutlich sehen, was sie jetzt Griechenland antun. Der Hauptunterschied ist der, da die EZB ihren Kurs änderte und sie sich im Juli 2012 dem Überleben des Euro verpflichtete, dass die Schläge, die sie der griechischen Ökonomie zufügen, noch mehr unter Kontrolle sind. Die Erträge der italienischen und spanischen Anleihen sind seit der Wahl der Syriza ein wenig gestiegen, sind aber immer noch sehr niedrig - 1.58 % für Italien und 1.47 % für Spanien.

Die EZB könnte auch die Erträge der griechischen Anleihen auf einem niedrigen Niveau stabilisieren, aber sie ging stattdessen in das andere Extrem - und ich meine Extrem - um einen Run auf die Spareinlagen zu fördern, den griechischen Aktienmarkt zum Zusammenbruch zu bringen und die Geldaufnahmekosten hochzutreiben.

Syrizas Führung unter Leitung von Premierminister Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis, machen ein kluges Spiel. Sie antworteten auf die EZB-Attacke ohne Animosität oder Anklagen. Sie wollen nicht freiwillig den Euro aufgeben oder die Möglichkeit andeuten. Wie die friedlichen Demonstranten in der US-Bürgerrechtsbewegung der 1960-er Jahre, starren sie die Polizeihunde und die Wasserschläuche mit Mut und Gelassenheit nieder.

Sie wollen die Welt wissen lassen, wer hier der Angreifer ist und wer vernünftig. Das ist wichtig, weil wir Zeuge sind einer politischen Schlacht um Demokratie in Europa, und der Ausgang dieses Kapitels wird zum Teil entschieden werden, womit die Troika politisch durchkommen kann.

Viel Lärm wird um die deutschen Wähler gemacht, die gegen Konzessionen für die Griechen sind, aber das kommt daher, weil ihnen der ganze Kampf seit Jahren falsch dargestellt wird. Die europäischen Behörden übertrugen riesige Schuldenmengen von rücksichtslosen privaten Verleihern auf die EU-Regierungen (auch Deutschland) und erhöhten gleichzeitig Griechenlands Schuldenlast von 115 % auf mehr als 170 % des BNP, indem sie die griechische Ökonomie auf ein Maß zurückschraubten, das der Großen US-Depression vergleichbar ist. Die meisten Europäer, auch die deutschen, würden nicht das griechische Volk tadeln wegen der gegenwärtigen unbezahlbaren Schuld, wenn sie wüssten, was wirklich geschehen ist.

Die Troika sollte froh mit dem sein, was sie bereits "erreicht" hat. Der griechische Staat ist um 19 % seiner Arbeitskräfte geschrumpft. Sechs Jahre Depression und ein 25-prozentiger Niedergang des Lebensstandards (in Wirklichkeit viel größer, als wenn man nur den Rückgang der Importe zählt) sollte jedes europäische Land entmutigen jemals in eine so schlimme Lage zu kommen, dass man von den grausamen Folterern der Troika Geld leihen muss. Die ökonomische Korrektur ist gemacht worden: Das Land läuft mit einem Primärhaushaltsüberschuss (ohne Einschluss von Zinszahlungen) und einem Bilanzüberschus.

Syriza hat von ihrer ursprünglichen Forderung Abstand genommen, dass Griechenlands Schulden reduziert werden sollen und bietet vernünftige Vorschläge an, die ihnen einen fiskalischen Spielraum geben, um sich zu erholen (d. h. ein Primärhaushaltsüberschuss von eins bis zwei Prozent des BNP statt 4 - 5 Prozent unter dem Troika-Programm). Nach 6 Jahren der Depression ist das kaum zu viel verlangt. Auch nicht die Rückgängigmachung der schlimmsten Kürzungen der Minimallöhne.

Die EZB sollte sich schämen für ihren neuen Angriff auf die griechische Demokratie. Und ihr sollte nicht erlaubt sein, dies irgendwie zu verharmlosen.


http://einarschlereth.blogspot.com/2015/02/der-neueste-angrif-auf-die-griechische.html

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