Dass dem nicht immer so ist, dass in der Wikipedia viel PR und politische Propaganda verbreitet wird, dass dort ein täglicher Kampf um Wahrheit und Bedeutung stattfindet, ist nicht wirklich neu. In Zeiten, in denen Kriege weniger mit Waffen aus Eisen und Stahl, als mit Waffen aus Bits und Bytes ausgefochten werden, hat Wikipedia die Bedeutung eines Herrschaftsinstruments erlangt und es kann kein Zweifel bestehen, dass die Herrschenden mit allen Mitteln versuchen, dort Einfluss zu erlangen, um Wahrheit und Bedeutung von Informationen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Im März berichtete Paul Schreyer in einem Artikel auf Telepolis über seine kafkaesken Erfahrungen mit den Wahrheitshütern der Wikipedia. Sein Bemühen, dort wahrhaftige und wichtige Informationen über 911 zu veröffentlichen, die die offizielle, staatlich-abgesegnete Form der Wahrheit hinterfragten, erwies sich als Kampf gegen Windmühlen. Schreyers Fazit:
Die Verfechter der
“reinen Lehre” dort leisten der Online-Enzyklopädie letztlich einen
Bärendienst, denn die Glaubwürdigkeit von Wikipedia insgesamt droht
Schaden zu nehmen. …
Doch unabhängig davon,
was die “Betreuer” des 9/11-Wikipedia-Artikels nun motiviert –
unterstellt sei einmal ehrliches Bemühen um Faktentreue -, vom Ziel
einer ausgewogenen und reflektierten Darstellung, sowie einem offenen
und fairen Umgang mit Kritik ist man jedenfalls weit entfernt. (LINK)
Der Kampf um Wahrheit und Information in der Wikipedia
beginnt jedoch schon eine Stufe früher. Dort nämlich, wo Gralshüter sich
anmaßen, zu entscheiden, was für die Menschen dieser Welt überhaupt als
Wikipedia-Eintrag wichtig ist und was nicht. Ihr Kampfbegriff lautet: enzyklopädische Relevanz.
Wie dieses Machtinstrument benutzt wird, kann man derzeit am Beispiel der “Ständigen Publikumskonferenz”
sehen. Der eingetragene Verein, der sich der Kontrolle der
öffentlich-rechtlichen Anstalten verschrieben und bereits eine Vielzahl
wichtiger und gut begründeter Programmbeschwerden eingereicht hat, wurde
von selbsternannten Gralshütern dessen, was das Volk wissen darf und
was nicht, auf den Status eines Löschkandidaten gesetzt. Begründung:
“die agenda des kleinen vereins mag berechtigte punkte abdecken, enzyklopäsche relevanz ergibt sich daraus aber nicht.”(LINK)
Nun ist den Lesern der Propagandaschau bekannt, dass Maren Müller als Mitinitiatorin der “Ständigen Publikumskonferenz”
auch gelegentlich hier im Blog Beiträge veröffentlicht. Daraus zu
schließen, dieser kritische Beitrag über den sich anbahnenden
Zensurvorgang in der Wikipedia, sei eine Parteinahme für eine
befreundete Mitstreiterin, ist jedoch zu kurz gedacht. Genauso wenig,
wie wir hier Partei für Telepolis ergreifen, wenn wir Paul Schreyers
Artikel in Erinnerung rufen, ergreifen wir hier Partei für die
“Ständigen Publikumskonferenz”.
Es geht hier – wie immer – um nichts anderes, als um die
Veröffentlichung von Desinformation, Propaganda und Zensur. Und die
Löschung der “Ständigen Publikumskonferenz”, die durch ihre Arbeit ohne
jeden Zweifel massiv und positiv in die öffentlich-rechtlichen Anstalten
hineinwirkt, aus der Wikipedia, wäre schon ein ziemlich groteskes
Schurkenstück. Auch wenn die Verantwortlichen in den ÖR sich alle Mühe
geben, die Programmbeschwerden der “Ständigen Publikumskonferenz”
regelmäßig abzubügeln, so wirkt allein das Wissen bei den Redakteuren,
um das Dasein einer zivilgesellschaftlichen Kontrollinstanz in die
Redaktionsstuben hinein. Auch wenn es nicht nach Außen dringen mag, aber
so eine gut begründete Programmbeschwerde mit entsprechender
Aufmerksamkeit und Arbeitsaufwand fangen sich die Meinungsmacher in den
ÖR sicherlich nicht gerne ein. Nicht auszuschließen, dass der Versuch,
die “Ständigen Publikumskonferenz” aus der Wikipedia zu löschen, deshalb
genau aus dieser Ecke kommt.
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Am 24.09.2015 ist eine Petition gegen Anonymität und Zensur in der Wikipedia gestartet worden, die sich an die Wikimedia Foundation richtet:
AntwortenLöschenhttps://www.change.org/p/transparenz-auf-wikipedia-wikitransparenz